Wie ist das Management Accounting zu gestalten, damit entscheidungsrelevante Zahlen und Berichte entstehen?
Führungsverhalten und Management Accounting
Alle Führungskräfte treffen Entscheidungen und tragen die Verantwortung für deren Umsetzung. Diese Feststellung gilt für alle Personen, die einen Bereich leiten und dessen Ergebnisse gegenüber ihren Vorgesetzten oder gegenüber dem Unternehmen verantworten. Kostenstellenleiter, Produkt- und Projektverantwortliche sind die Hauptkunden des Management Accounting Systems. Deshalb müssen Führungsverhalten und Management Accounting zusammenpassen.
Ziele und Planwerte gehören zusammen
Zur Zweckerfüllung sind in einem Unternehmen Resultate zu erreichen. Ziele sind zu erreichende Resultate. Jede Führungskraft soll deshalb – ihrer Verantwortung entsprechend – ihre Zielerreichung planen, messen und steuern können. Soweit es um geldwertbezogene Ziele geht, sind sie im Management Accounting abzubilden. Daraus ist abzuleiten, dass die Planung im Management Accounting parallel zum Prozess der Zielvereinbarung ablaufen sollte. Wird z.B. die Leistungsmenge einer Kostenstelle als Ziel bestimmt, der dafür notwendige Personalbestand aber nicht bewilligt, ist das Ziel nicht erreichbar.
Mit der Planung gilt es, die zur strategischen und operativen Zielerreichung notwendigen Entscheidungen bezüglich personeller, sachlicher und finanzieller Mitteleinsätze zu treffen und vorzubereiten. Da dies zeitaufwändige Prozesse sind, wird oft nach Wegen gesucht, den Planungsprozess zu vereinfachen und zu kürzen. Trotz des grossen Arbeitsaufwands zeigt die Praxis jedoch, dass es sich lohnt, einmal pro Jahr alle Bereiche, Produkte und Führungsebenen komplett leistungs- und wertmässig im Verbund mit den Bereichszielen zu planen. Das ergibt den Massstab für den Plan-/Soll-/Ist-Vergleich und damit die Grundlage für die Bestimmung von Korrekturmassnahmen. Die Planung für ein Geschäftsjahr zu erstellen, erweist sich auch in «kurzlebigeren» Zeiten als sinnvoll, weil personal- und führungsmässige Entscheidungen sowie die Ziele meistens ebenfalls für ein Geschäftsjahr vereinbart werden.
Plan, Soll, Ist und Abweichung entsprechen dem Führungskreislauf
Damit der Führungskreislauf funktionieren kann, sind die zusammen mit den Zielen entstehenden Pläne im System in allen Einzelheiten zu hinterlegen, um sie mit den Resultaten vergleichen zu können. So wird die Messung der bisherigen Zielerreichung auch wertmässig möglich. Es empfiehlt sich, den Plan-/Ist-Vergleich monatlich zu erstellen, damit das reale Geschehen für die Beurteilung der Ergebnisse noch präsent ist und bei Abweichungen schneller reagiert werden kann. In Projekten sollte der Plan-/Ist-Vergleich für jeden Meilenstein eingerichtet werden, weil an jeder Meilensteinsitzung zu entscheiden ist, ob das Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll (go/no-go-Enscheid).
Führungskräfte aller Ebenen entscheiden meistens über Mengen, Leistungen und Zeiten. Das rein wertbezogene finanzielle Rechnungswesen kann diese Informationen mangels Mengen- und Leistungsbezug nicht liefern. Um Entscheidungsunterstützung bieten zu können, ist das Management Accounting als Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (KLEER) auszugestalten.
Mehrjahresplanung erfordert Umwertung der Bestände
Strategische Planung legt die beabsichtigte Positionierung in den Märkten fest. Dazu werden zu erreichende Produkt-/Marktpositionen mit Mengen und Umsätzen für mehrere Jahre definiert. Die mittelfristige operative Planung hat den Auftrag, die Umsetzung der Strategien vorzubereiten. Da die Manager dazu Mengen, Leistungen und Preise festhalten müssen, sind die KLEER-Strukturen auch in der Mehrjahresplanung aufzubauen.
In der Jahresplanung werden die Plan-Einstandspreise, die Plan-Personalkosten sowie die Stücklisten und Arbeitspläne für das Planjahr festgehalten. Dadurch ergeben sich jährlich auch neue Plankostensätze der Kostenstellen und neue Produkt-Plankosten. Damit die Führungskräfte ihre erzielten Resultate mit den Planwerten unterjährig jederzeit vergleichen können, sind in der KLEER die Lagerbestände von Material, Halb- und Fertigfabrikaten zu Jahresbeginn auf die neuen Planwerte umzuwerten. Kann z.B. ein Produkt wegen einer Prozessverbesserung im neuen Jahr günstiger hergestellt werden, ist der Vorjahresendbestand intern zum neuen Ansatz zu bewerten. Wird diese Umwertung der Jahresendbestände nicht vorgenommen, entstehen im neuen Jahr Abweichungen, welche noch ins alte Jahr gehören.
Die Umwertung erfolgt nur im Management Accounting. Die Bestandsbewertung folgt im finanziellen Rechnungswesen weiterhin den geltenden handelsrechtlichen Vorschriften.
Forecasts
Weil die Erstellung von Forecasts (Erwartungsrechnungen) viel Managementkapazität bindet, empfiehlt es sich, zwei Forecasttermine vorzusehen. Der erste sollte, wenn das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, auf Basis der Plan- und Istdaten von Januar bis April erstellt werden (die Ostertage sind dann immer enthalten). Basierend auf den kumulierten Istwerten per Ende August (grosse Ferienzeit meistens abgeschlossen) sollte der zweite Forecast erarbeitet werden. Dieser bildet dann auch den Input für die anschliessende Planung des nächsten Geschäftsjahres. Die neue Jahresplanung bildet normalerweise auch den Forecast für die ersten vier Monate des Planjahres.
Börsenkotierte Unternehmen sind meistens gezwungen, quartalsweise Erwartungsrechnungen zu erstellen. Die Praxis zeigt jedoch, dass vor allem die Erwartungsrechnung auf Basis der Istdaten von Ende März nicht besonders aussagekräftig wird, ihre Erstellung aber meistens viel Hektik in den Organisationen auslöst.
Controller prüfen die richtige Systemanwendung
Die Controller als Gestalter und Betreiber des Management Accounting- Systems haben den Auftrag, die richtige Anwendung des Planungs- und Steuerungssystems zu überwachen. Das ergibt sich aus dem Controller-Leitbild (vgl. den Beitrag Management, Controlling, Controller). Sind die Planungsergebnisse oder die Forecastdaten im Management Accounting System erfasst, muss deshalb ein genügender Zeitraum vorgesehen werden, während welchem die Controller die Einhaltung der Systemregeln überprüfen und gegebenenfalls für termingerechte Korrekturen sorgen können. Leider gibt es immer wieder «Spezialisten», die versuchen, das Planungssystem oder Bewertungsregeln zu ihren Gunsten zu missbrauchen, indem sie inhaltliche oder prozessuale Regeln umgehen:
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- In einem uns bekannten Unternehmen hat ein Geschäftsbereichsleiter die Plan-Präsenzzeiten der Mitarbeitenden in einem neu aufzubauenden Werk massiv nach oben manipuliert, um so niedrigere Stückkosten kalkulieren zu können. Auf dieser Basis wurde die Investition in das Werk von der Konzernleitung bewilligt. Schon im ersten Betriebsjahr zeigte es sich, dass die realen Präsenzzeiten nicht den geplanten entsprachen, was zum Verlust der vorgesehenen Kosteneinsparungen führte. Die Investition musste im Nachhinein als Fehlentscheid beurteilt werden, das Geld war aber schon ausgegeben.
- In multinationalen Unternehmen ist das Risiko gross, dass Entscheidungen über die Rentabilität einer Tochtergesellschaft auf Basis der Verrechnungspreise zwischen den Konzerngesellschaften getroffen werden. Letztere sind jedoch durch internationale Transferpreisregelungen getrieben, gehorchen also dem Aspekt der gesetzlichen Vorgaben und lassen die Gesamtkonzernsicht aus (jedes Land will für den produzierten Wert lokal Steuern abschöpfen, was es schwierig macht, Konzernleistungen sachgerecht an die produzierenden und verkaufenden Einzelgesellschaften zurück zu verrechnen).
- Aus Controllersicht muss deshalb die Planung in der einzelnen Gesellschaft basierend auf den lokalen Gegebenheiten, aber unter Berücksichtigung der konzerninternen Planungs- und Steuerungsvorgaben erfolgen (diejenigen Grössen, welche die lokalen Chefs auch wirklich selbst beeinflussen und damit auch verantworten können). Daraus ist abzuleiten, dass die Controller das Management Accounting System so einrichten müssen, dass lokal das gesamte Geschäft erfolgreich geführt werden kann. Der Finanzbereich in der Konzernzentrale muss hingegen durch Transferpreisgestaltung dafür sorgen, dass die gesamte Steuerbelastung möglichst gering bleibt (Steueroptimierung). Diese beiden Bereiche sind aus Führungssicht zu trennen, soll sowohl lokal richtig geplant und gesteuert werden als auch das Konzernergebnis optimiert werden.
Gestaltung des entscheidungsrelevanten Management Accountings
Um Empfehlungen zur Gestaltung eines entscheidungsrelevanten Management Accounting Systems abgeben zu können, beobachten wir seit mehreren Jahrzehnten die wissenschaftlichen Entwicklungen sowie deren praktische Umsetzung bei unseren Kunden. Für die Konzeption der KLEER sind nach unseren Erkenntnissen folgende Quellen und Systeme von massgeblicher Bedeutung:
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- Grenzplankostenrechnung nach Hans-Georg Plaut
- Flexible Plankostenrechnung nach Wolfgang Kilger
- Deckungsbeitragsrechnung nach Albrecht Deyhle
- Resource Consumption Accounting RCA nach Larry White
- Absatz- und Umsatzplanung entsprechend den gelebten Marktbearbeitungsstrukturen
- Erweiterung zur mehrstufigen und mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung (v.a. beschrieben von Lukas Rieder)
- Drei Dimensionen für die managementorientierte Strukturierung von Kosten und Erlösen im Controller-Wörterbuch der IGC (Kostenwürfel)
- Activity Based Costing nach Robert Kaplan und Peter Norton, aber ohne Verrechnung fixer Kosten auf Produkteinheiten
- The Costing Levels Continuum Maturity Model von Gary Cokins
- The IMA Conceptual Framework for Managerial Costing (IMA = Institute of Management Accountants).
Quellenangaben zu diesen Publikationen finden sich auf der Seite Literaturnachweise.