Kalkulatorische Abschreibungen berechnen
Unternehmer wollen wissen, welche bestehenden und zusätzlichen Investitionen zur Generierung des Plangewinns (EBIT) des nächsten Jahres erforderlich sein werden. Die ursprünglich für die Anlagegüter bezahlten Beträge sind dafür nur teilweise massgeblich, weil Inflation und technologische Entwicklungen oft zu höheren Wiederbeschaffungswerten und dadurch zu höheren kalkulatorischen Abschreibungen führen. Steigt der Wiederbeschaffungspreis einer Anlage im Vergleich zum Vorjahr um 20%, sind auch die kalkulatorischen Abschreibungen für diese Anlage um 20% zu erhöhen. Das reduziert den (ausschüttbaren) Gewinn, sorgt aber auch dafür, dass das Geld im Unternehmen bleibt, um die Ersatzinvestitionen zu finanzieren.
Anlässlich der betrieblichen Jahresplanung ist deshalb festzustellen, welches und wieviel Anlagevermögen im Planjahr erforderlich sein wird, um den geplanten Gewinn zu erzielen. Dazu ist zu schätzen, um wieviel der Wiederbeschaffungswert einer bestehenden und genutzten Anlage im Planjahr steigen wird. Der Wiederbeschaffungswert wird durch die vom Management geplante Nutzungsdauer dividiert und ergibt die kalkulatorische Abschreibung der Anlage im Planjahr.
Mit der Vorgabe, jährlich die kalkulatorischen Abschreibungen in der Ergebnisrechnung zu belasten, sorgen die Eigentümer dafür, dass das Geld für Ersatz- oder Erneuerungsinvestitionen im Umlaufvermögen des Unternehmens bleibt oder für den Abbau zinsbelasteter Kredite verwendet wird. Die Mittel für die Erhaltung der Leistungsbereitschaft sind vorhanden, weil weniger an die Eigentümer ausgeschüttet wurde. Externer Geldzufluss für den weiteren Ausbau des Unternehmens ist nur zur Finanzierung des Wachstums nötig.
Wiederbeschaffungswert und kalk. Abschreibungen
Am Beispiel der Kostenstelle 100, Verkaufsleitung und Verkaufsinnendienst der Ringbuch AG, lassen sich die Schritte verfolgen, die zur Ermittlung der Wiederbeschaffungswerte (WBW) und der kalk. Abschreibungen erforderlich sind:
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- Das Anlagevermögen der Kostenstelle 100 betrug am Ende des Jahres 2020 EUR 96’000.
- Das Management der Ringbuch AG hat bestimmt, dass Maschinen, Einrichtungen und Software 8 Jahre genutzt werden können, bis sie ersetzt werden müssen. Das ergibt eine Abschreibung von 12.5% der Anschaffungs- resp. Wiederbeschaffungswerte (EUR 12’000, Spalte j) für das Jahr 2021.
- Der WBW beläuft sich per Ende 2021 folglich auf EUR 84’000.
- Im Jahre 2022 wurde für die Kostenstelle 100 ein Onlineshop eingerichtet. Dafür sind Projektkosten von 86’602 (Spalte f) entstanden. Diese wurden aktiviert, sodass der WBW des Anlagevermögens in Kostenstelle 100 Ende 2022 182’602 EUR betrug. Zudem war eine allgemeine Teuerung von 3% (Inflationsrate, Spalte g) im Jahr 2022 zu berücksichtigen, welche sich auf den WBW der Investition von 96’000 zu Beginn des Jahres 2022 auswirkte (2’880 EUR, Spalte h).
- Insgesamt waren für 2022 12.5% vom WBW von 185’482 (Spalte i), das sind 23’185 (Spalte j) als kalk. Abschreibungen der Ergebnisrechnung 2022 zu belasten.
- In den Jahren 2023 -2025 kommen die Neuinvestitionen (Spalte e) zum investierten Vermögen der Kostenstelle dazu. Sie sind in den Folgejahren ebenfalls zu berücksichtigen.
- Die Auswirkungen der jährlichen Inflationsraten (Spalte g) erhöhen den WBW der bestehenden Investitionen in die Kostenstelle 100. Das hat zur Folge, dass die kalk. Abschreibungen der Kostenstelle 100 ebenfalls wachsen (Spalte j) und damit auch der in der internen Berichterstattung zu berichtende Bilanzwert per Jahresende (Spalte k).
Die kalk. Abschreibungen (Spalte j) sind Plankosten der Kostenstelle Verkaufsleitung und -innendienst, die Bilanzwerte ergeben sich in der innerbetrieblichen Planbilanz und, wenn keine Beträge geändert wurden, auch in der internen Schlussbilanz.
Die Wiederbeschaffungswerte bestehender Investitionen zu schätzen ist oft schwierig, müssen doch Angebote potenzieller Lieferanten eingeholt werden. Deshalb behelfen sich viele Unternehmen für die Berechnung der WBW mit der Indexmethode. Es wird gefragt, um welchen Betrag eine Anschaffung im Planjahr steigen wird, wenn sie mit der aktuellen Inflationsrate multipliziert wird (Spalten g und h).
Die kalkulatorischen Abschreibungen sind eine Kostenart der Kostenstellenkosten, weil die Betriebsmittel (Anlagen) jeweils Kostenstellen zugeordnet sind und in diesen zur Leistungserstellung eingesetzt werden. Für grosse Anlagen, die von mehreren Kostenstellen genutzt werden, wird oft eine eigene Kostenstelle eingerichtet. Beispiel ist ein Fabrikgebäude, in welchem verschiedene Kostenstellen untergebracht sind.