IT-Kosten planen-aktivieren-verrechnen

IT-Kosten planen und den Kostenstellen verursachungsgerecht zuordnen.

IT-Kosten planen-aktivieren-verrechnen

Softwareentwicklung, Datenintegration zwischen den Funktionsbereichen sowie Internetnutzung und ERP-Systeme führen dazu, dass der Anteil der IT-Kosten an den Gesamtkosten der Unternehmen regelmässig steigt. Die Rechnungen der externen Serviceanbieter, die Lizenz- und die Benutzungsgebühren können in vielen Fällen nur den IT-Kostenstellen belastet werden, weil verschiedene Kostenstellen die Datenbestände nutzen.

Damit stellt sich die Frage, welche IT-Kosten verursachungsgerecht an andere Bereiche weiterverrechnet werden können und welche nicht.

Beispiel für einen Onlineshop

Ein Unternehmen richtet einen Onlineshop ein. Die Kunden sollen ihre Einkäufe und die Angaben für die Bezahlung in einer internetbasierten SaaS- Applikation (Software as a Service) erfassen können. Dieses Drittprogramm überprüft auch die Bezahlung des Rechnungsbetrags, schreibt den Betrag dem Unternehmen auf dem Bankkonto gut und gibt die Auslieferung an den Kunden frei.

Die dabei entstehenden Daten betreffen im liefernden Unternehmen die Kostenstellen Verkauf (Nettoerlös), das Lager (Lagerentnahme) und die Debitorenbuchhaltung (Zahlungseingang). Der Rückabwicklungsprozess im Fall einer Kundenreklamation wird hier nicht betrachtet.

IT-Kosten verursachungsgerecht den Kostenstellen zuordnen

Zur Ermittlung der Kostenstellenkosten müssten die Kosten der SaaS-Applikation auf die drei Kostenstellen Verkauf, Lagerbestandsführung und Debitorenbuchhaltung verteilt werden. Eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten ist jedoch nicht möglich, weil alle Daten für einen Kundenauftrag entstehen. Es lässt sich darüber diskutieren, ob diese Kosten durch die Verkaufsabteilung entstanden sind oder ob sie der IT zu belasten sind. Doch welche Kostenstelle soll die Kosten der Einrichtung des Prozesses übernehmen? Zudem ist zu überlegen, welche bei der Einführung entstehenden Kosten im Anlagevermögen aktiviert und in den Folgejahren abzuschreiben sind.

Die Inbetriebnahme der SaaS-Applikation wird voraussichtlich folgende Kostenarten verursachen:

IT-Kosten planen+aktivieren+verrechnen
IT-Kosten planen+aktivieren+verrechnen

Bis zur Übergabe der fertigen Anwendung an die Nutzer erfolgen die aktivierungswürdigen Belastungen auf den Innenauftrag SaaS (Spalte y). Das betrifft sowohl alle Rechnungen unternehmensexterner Organisationen als auch die Arbeitsstunden des aufbauenden IT-Personals. Letztere werden zum proportionalen Plankostensatz der IT-Kostenstelle dem Auftrag belastet, da ein aktivierbares Resultat entsteht (vgl. die Beiträge «Innerbetriebliche Leistungsverrechnung» und «Kosten Interner Aufgaben»). Die Fremdrechnungsbeträge werden meistens direkt auf den Auftrag SaaS kontiert.

Als Folge steigt der Anlagewert der immateriellen Güter in der Bilanz.  Durch Division des Wiederbeschaffungswerts der immateriellen Anlage durch die geplante Anzahl Nutzungsjahre ergibt sich die jährliche kalkulatorische Abschreibung für die Nutzung der SaaS-Applikation. Diese kalkulatorische Abschreibung wird in die Kosten der für die Applikation verantwortlichen Kostenstelle, z.B. Verkauf oder IT übernommen und dadurch jährlich berücksichtigt.

Das Beispiel zeigt, dass die Kostenverantwortung für die Einrichtung eines Prozesses zwar wohl einem Entwicklungsauftrag oder direkt der auftraggebenden Kostenstelle zugeordnet werden können. Mangels direktem Verursachungszusammenhang ist eine leistungsbezogene Weiterverrechnung an andere Kostenstellen oder gar an Produkte jedoch nicht möglich.

Sinngemäss verhält es sich bei den Kosten eines ERP-Systems. da fast alle Unternehmensbereiche die ERP-Daten und -Programme verwenden, wenn auch in unterschiedlichem Masse. Vielleicht verrechnet der Lizenzgeber seine Gebühren nach Anzahl Benutzern, doch berücksichtigt diese Methode nicht, dass das bearbeitete Datenvolumen an den Terminals sehr unterschiedlich sein kann.

Ein grosser Teil der IT-Kosten eines Unternehmens entsteht bei der Wahl der Software, ihrer Einrichtung und den Anwendungstests sowie beim täglichen Betrieb des Systems. Auch diese Kosten lassen sich nur selten verursachungsgerecht einzelnen Abteilungen oder Kostenstellen zuordnen, weil die Programme und Daten in verschiedenen Bereichen genutzt werden.

In einer SaaS-Lösung betreibt der Softwarelieferant die Programme auf seinen Anlagen, belastet den Kunden jedoch eine Nutzungsgebühr. Dabei kommen verschiedene Vertragsformen vor:

    • Jährlich oder monatlich fakturierte feste Nutzungsgebühr
    • Monatliche Abrechnung der ausgeführten Transaktionen, z.B. Abwicklung eines kompletten Kundenauftrags inklusive Inkasso.

Die Nutzungsgebühren sind für das nutzende Unternehmen Fixkosten der Leistungsbereitschaft. Sie fallen unabhängig von der Anzahl bearbeiteter Auftragspositionen pro Periode, z.B. pro Jahr an.

Verantwortung der laufenden Betriebskosten der Saas-Applikation?

Nutzer der Applikation sind vor allem die Kostenstellen Verkauf, Lager und Debitorenbuchhaltung. Die Verkaufsdaten müssen erfasst und verarbeitet werden, im Lager fallen die Verpackungs- und Speditionskosten an und in der Debitorenbuchhaltung wird der Zahlungseingang verbucht, bei Bedarf werden Mahnungen geschrieben. Es ist jedoch nicht möglich, den Zeit- und Energieverbrauch sowie den Abschreibungsbetrag pro Transaktion fall- und verursachungsgerecht festzustellen und diese den beteiligten Kostenstellen der Verantwortung entsprechend zuzuordnen.  Mangels direktem Ursache-/ Wirkungszusammenhang sind die Fixkosten entweder einer Verkaufskostenstelle oder der IT als Betreiberin der technischen Applikation zu belasten.

Aktivierung und Abschreibung von IT-Kosten

IT-Beschaffungs-, -Programmierungs- und -Einrichtungskosten können aktiviert und in den Folgejahren abgeschrieben werden (nach Schweizer Recht z.B. über fünf Jahre). Bei Softwareentwicklern entsteht dadurch das Vermögen, bestehend aus den Anschaffungen und den Löhnen für die Programmierarbeit.

Bei den Softwareverwendern fallen jährlich Abschreibungen an, bis die aktivierte Investition wieder auf null ist. Diese Abschreibungen führen zu fixen Kosten in denjenigen Kostenstellen, die über eine eigene Applikation verfügen. Der grösste Teil der IT-Kosten wird jedoch in der IT-Kostenstelle verbleiben, weil zur Weiterbelastung an die Nutzer kaum direkte Ursache-/ Wirkungsbeziehungen bestehen.

Verursachungsgerechte interne Leistungsverrechnung von der IT-Kostenstelle an die Leistungsempfänger gelingt dann, wenn die im Support geleisteten Arbeitsstunden mit einem Ticketsystem pro Empfängerkostenstelle erfasst werden. Die geleisteten Stunden können mit dem proportionalen Planstundensatz (hauptsächlich Personalkosten) den Empfängern zum Plan-Personalkostensatz belastet werden. Sinngemäss können auch auf IT-Projekte rapportierte Stunden verrechnet werden. Wird das Projekt aktiviert, sind diese Kosten im Anschaffungswert und damit in den Abschreibungen der Folgejahre enthalten.

Da zum erfolgreichen Betrieb einer Organisation Datenbestände und die Programme für ihre Bearbeitung unverzichtbar sind, ergibt sich automatisch, dass die Kosten der Aufrechterhaltung aktueller IT-Prozesse abzuziehen sind, bevor ein Gewinn vor Abzug von Zinsen und Steuern ausgewiesen wird. Für diese Abschreibung stehen nicht die gesetzlichen Abschreibungen im Vordergrund, sondern die Kosten einer aktuellen IT-Infrastruktur und der sich daraus ergebenden kalkulatorischen Abschreibungen.

Buchhaltung oder Kostenrechnung?

Unternehmenssteuerung muss von der Kosten-Leistungsrechnung ausgehen, weil die Buchhaltung nur Werte abbilden kann.

Buchhaltung oder Kostenrechnung?

Vor 530 Jahren schrieb Luca Pacioli seine berühmt gewordene Abhandlung über die Buchhaltung. Seine Methodik wurde mittlerweile weltweit zum Standard für die finanzielle Buchführung. Pacioli legte fest, dass für eine umfassende Buchhaltung das Vermögen des Unternehmens den Schulden des gleichen Unternehmens zu gegenüberzustellen ist und dem Ertrag der Aufwand gegenüberzustellen ist. So lasse sich für jede Periode (üblicherweise ein Jahr) ermitteln, wie hoch der Gewinn (oder der Verlust) in der Betrachtungsperiode gewesen sei. Zudem erkenne man, welcher Anteil des Vermögens den Eigentümern des Unternehmens gehört und welcher Teil den anderen Gläubigern.

Buchhaltung oder Kostenrechnung?

Diese Darstellung zeigt nur Kontengruppen, welche üblicherweise in den Buchhaltungsberichten ausgewiesen werden. Zu jeder Kontengruppe können nach den Gegebenheiten einer Organisation unbeschränkt Einzelkonten hinzugefügt werden.

In allen Buchführungsausbildungen wird erklärt, dass jede Buchung mit dem gleichen Betrag in einem Konto links (im Soll) und in einem anderen rechts (im Haben) einzutragen ist. So ist sichergestellt, dass die Summe aller linken immer der Summe aller rechten Eintragungen entspricht. Ergibt sich eine Differenz, wurde ein Erfassungsfehler gemacht. Entsprechend dieser Logik ist jede Buchhaltungssoftware so programmiert, dass sie einen Buchungssatz mit zwei verschiedenen Beträgen oder mit Angabe nicht bestehender Konten nicht akzeptiert. Diese Methode hat Luca Pacioli dokumentiert und sie hat sich bis heute durchgesetzt. Auch der Periodengewinn in der Bilanz stimmt immer mit demjenigen in der Gewinn- und Verlustrechnung  überein.

Daraus lassen sich die notwendigen Datenfelder zur Erfassung eines Buchungssatzes ableiten. Alle Bewegungen einer Periode (Tag, Monat, Jahr) werden wertmässig erfasst.

Buchungssatzstruktur
Buchungssatzstruktur

Sind auch Fremdwährungsbeträge zu verbuchen, ergeben sich Wechselkursdifferenzen, welche ihrerseits zu weiteren Buchungsätzen führen. Darauf wird hier jedoch nicht eingegangen.

Managementsicht

Für die entscheidenden und steuernden Führungskräfte der verschiedenen Abteilungen sind die Buchhaltungsauswertungen nur beschränkt hilfreich. Denn in der Finanzbuchhaltung können weder Mengen noch Zeiten erfasst werden. Mengen, Leistungen und Verbräuche werden in den vorgelagerten Teilsystemen, meistens mit dem Begriff ERP (Enterprise Resource Planning / Unternehmensressourcenplanung) bezeichnet, erfasst und gepflegt. Dazu gehören die Datenstrukturen und Programme für die verschiedenen Funktionsbereiche:

Stamm- und Bewegungsdaten
Stamm- und Bewegungsdaten

Die Informatik ist in dieser Übersicht nicht aufgeführt, da ihre Leistungen in allen Funktionsbereichen genutzt werden.

Im ERP-System sind die Datenstrukturen für Planung, Isterfassung, Bestandsführung und Soll-Ist-Vergleiche vorzuhalten und die notwendigen Bearbeitungs- und Auswertungsprogramme müssen bereit sein. Denn Sachbearbeitende und Führungskräfte aller Bereiche arbeiten hauptsächlich mit diesen mengen- und zeitbezogenen Daten:

    • Um produzieren zu können, müssen Fertigungsaufträge mit herzustellender Menge, Stückliste und Arbeitsplan ausgelöst werden. Die zu verwendenden Rohstoffe, Zukaufteile und Halbfabrikate müssen in genügender Menge am Lager sein. In den Fertigungsabteilungen (Kostenstellen) ist sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden, die benötigten Maschinen und die Werkzeuge einsatzbereit sind.
    • Um einem Kunden ein Angebot unterbreiten zu können, sind Plan- und Vorkalkulationen erforderlich. Dazu ist auf die (Plan-)Einstandspreise im Einkauf und Lager zurückzugreifen, sowie auf die Arbeitspläne der herzustellenden Artikel.
    • Für die Nachkalkulation eines Fertigungsauftrags werden die real verbrauchten Mengen und Zeiten mit den Planansätzen bewertet und der Plankalkulation gegenübergestellt (Soll-Ist-Vergleich).
    • Leisten interne Servicebereiche, z.B. Werkstätten, Arbeiten für andere Kostenstellen, sind die Einsatzstunden zu messen und mit dem Plankostensatz der leistenden Stelle zu bewerten.

Diese Beispiele sollen zeigen, dass für die Planung und Steuerung von Umsatz, Kosten, Beständen und Ergebnissen in erster Linie Mengen und Zeiten massgeblich sind. Diese Information kann keine Finanzbuchhaltung liefern, da sie nur Werte (Geldbeträge) abbilden kann. Das geeignete Instrument ist die Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung KLEER. Sie unterstützt alle Führungskräfte bei der erlös- und kostenbezogenen Unternehmenssteuerung. Im englischsprachigen Raum hat sich dafür der Begriff „Management Accounting“ durchgesetzt.

Vgl. auch die grafische Darstellung der Beziehungen zwischen den Teilsystemen im Beitrag „Planungsabhängigkeiten“.

Wichtig:

Einige ERP- und Buchhaltungs-Softwareanbieter betonen in Ihrer Werbung, dass ihre Buchhaltungs-Softwaremodule auch Kostenstellen abbilden und Produkte kalkulieren können. Bei näherer Analyse der Softwareangebote stellt sich dann oft heraus, dass die Verteilung der  Kostenstellenkosten auf die Produkte und Kunden durch vorbestimmte Kostenumlagen von Kostenstelle an Kostenstelle und von da auf die Produkte mittels Verteilschlüsseln eingerichtet wird und nur wenig mit der realen Kostenverursachung zu tun hat. Eine Führungs- und damit entscheidungsorientierte Planung und Steuerung der Kosten ist in solchen Softwaresystemen nicht mehr möglich, weil nicht die Stücklisten und die Arbeitspläne der hergestellten Produkte oder Dienstleistungen zur Kalkulation der Produktkosten herangezogen werden, sondern die vordefinierten Schlüsselgrössen für die Umlage fixer Kosten.

Viele unserer Kunden und Kursteilnehmenden bezahlten bei der Wahl des Softwaresystems für die Planung und Steuerung ihres Unternehmens viel Lehrgeld, weil sie zu spät realisierten, dass die KLEER immer verursachungsgerecht zu gestalten ist und damit von den Daten des ERP-Systems ausgehen muss, nicht von denjenigen aus der Finanzbuchhaltung.

Entscheidungsirrelevante Selbstkosten

Viele Finanzchefs und Führungskräfte verstehen nicht, dass Selbstkosten nicht entscheidungsrelevant sind.

Entscheidungsirrelevante Selbstkosten

Die Selbstkosten sind die um die Bestandsveränderungen korrigierten Gesamtkosten eines Unternehmens in einer Periode. Nach Wikpedia.org, gehören dazu die Material-, die Fertigungs-, die Forschungs- und Entwicklungs-, die Verwaltungs- und Vertriebskosten. sowie kalkulatorische Zinsen für das betriebsnotwendige Vermögen (vgl. Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21. November 1953, Anmerkungen 43 – 45). Übersteigen die Nettoerlöse die Selbstkosten, beginnt das Unternehmen, Gewinn zu schreiben.

Zur Berechnung des Gewinnbeitrags eines Artikels sind die Selbstkosten pro verkaufte Produkt- oder Dienstleistungseinheit zu ermitteln. Dazu ist es notwendig, alle fixen Periodenkosten auf die verkauften Produkteinheiten zu verteilen. Die Zuschlagssätze für die Berechnung der Stück-Selbstkosten ändern sich deshalb, wenn die Verkaufsmengen oder die Fixkostenblöcke ändern. Wird bei gleichbleibenden Periodenfixkosten mehr produziert oder verkauft, sinken die Stück-Selbstkosten. Das wirkt sich auf die Bestandsbewertung und vor allem auf die Steuerung von Verkauf und Produktion aus.

Entscheidungsirrelevante Selbstkosten
Entscheidungsirrelevante Selbstkosten

Solange weder die Stückliste noch der Arbeitsplan und weder die Materialeinstandspreie noch die proportionalen Plankostensätze der an der Herstellung beteiligten Kostenstellen für ein herzustellendes Produkt oder eine Dienstleistung verändert werden, bleiben die pro hergestellte Einheit entstehenden proportionalen Stückkosten gleich. Die Fixkosten werden jedoch auf eine abweichende Herstell- oder Verkaufsmenge verteilt, wodurch je nach Auslastung unterschiedliche Selbstkosten pro Stück entstehen, welche weder von der Produktion noch vom Verkauf zu verantworten sind.

Im Beispiel ändern sich die Selbstkosten pro Stück in den Monaten, weil die Fixkosten jeweils durch die Herstellmenge der Betrachtungsperiode dividiert werden. Werden die Lagerzu- und -abgänge monatlich zu vollen Herstellkosten bewertet, enthalten sie einen Teil der Periodenfixkosten und der Stückwert verändert sich ebenfalls jeden Monat. Die Fixkosten der anderen Funktionsbereiche eines Unternehmens werden üblicherweise als Prozentanteile auf die vollen Herstellkosten aufgeschlagen. Auch wenn die Selbstkosten in der externen Berichterstattung notwendig sind, taugen sie für die Unternehmenssteuerung nicht:

    • Weichen die real bezahlten Einstandspreise von den geplanten ab, ist für die Abweichungen zuerst die Einkaufsleitung zuständig.
    • Wird in den Produktionsprozessen mehr Einzelmaterial pro real hergestelltes Stück verbraucht als geplant (oder mehr Halbfabrikate), ist die Produktionsleitung zuständig.
    • Werden in den Fertigungskostenstellen die Vorgabezeiten für die hergestellten Produkteinheiten nicht eingehalten, ist es an den jeweiligen Kostenstellenleitenden, korrigierend einzugreifen.

Die dazu notwendigen Daten sind nur beschaffbar, wenn im Management Accounting-System die Spaltung in proportionale und fixe Kosten eingerichtet ist. Das gelingt mit der Grenzplankostenrechnung (Flexible Plankostenrechnung), vgl. die Beiträge «Die Vollkosten eines Produkts sind immer falsch» und «Komplette Abweichungsanalyse»).

Da die Nachfrage, bzw. die Kunden und das Können der eigenen Verkaufsorganisation die Nettoerlöse bestimmen, gilt es, den Letzteren die proportionalen Herstellkosten der verkauften Dienstleistungen und Produkte gegenüberzustellen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten Unternehmen ihre Artikel mit unterschiedlichen Deckungsbeiträgen pro Stück verkaufen. Die Summe aller erzielten Deckungsbeiträge muss ausreichen, sämtliche Fixkosten und den angepeilten Gewinn zu decken. Ein Artikel, der seine kalkulierten Selbstkosten nicht deckt, kann immer noch einen erklecklichen Beitrag zur Fixkostendeckung leisten.

Es gilt immer, mit den Deckungsbeiträgen aus den verkauften Einheiten, alle Fixkosten und Abweichungen zu decken und dabei eine marktgerechte Verzinsung zu erzielen.

Management Accounting kommt vor Buchhaltung

Management Accounting nach Führungsbedarf aufbauen, nicht nach Rechnungslegungsregeln.

Management Accounting kommt vor Buchhaltung

Sehr viele Unternehmen gehen bei ihrer Wahl der einzusetzenden Softwaremodule für ERP und Rechnungswesen von den gesetzlichen Vorgaben aus. Eine Finanzbuchhaltung muss geführt werden, weil mindestens einmal jährlich über Gewinn oder Verlust sowie über Vermögen und Schulden zu berichten ist. Dabei gilt es, die Rechnungslegungsvorschriften einzuhalten (lokales Handels- und Steuerrecht, interne Verrechnungen zwischen Gesellschaften eines Konzerns).

Dazu kommt, dass in den Regeln der internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS, USGAAP) fast immer von folgender Grundstruktur der Ergebnisrechnung ausgegangen wird:

Vollkostenstruktur der Ergebnisrechnung
Vollkostenstruktur der Ergebnisrechnung

Das ist die übliche Form der externen und sehr oft auch der intern präsentierten Ergebnisrechnung. Sie kann mit Hilfsberechnungen aus einer Finanzbuchhaltung erstellt werden. Alle Verbräuche, welche in einer Periode für das Werk angefallen sind (Material, Personal, Fremdleistungen, Abschreibungen und sogar anteilige Zinskosten) werden der Kostenstelle Werk belastet (alle Kosten, die innerhalb des Werkzauns angefallen sind). Das ergibt die vollen Herstell(-ungs-)kosten nach Abgrenzung der Lagerbestandsveränderungen. Sinngemäss werden alle Marketing- und Vertriebskosten der Sammelkostenstelle für Marketing und Vertrieb zugeordnet. Es verbleiben die Kosten für Verwaltung und Management und eventuell für Forschung und Entwicklung. Diese Auswertung der Finanzbuchhaltung genügt meistens den Anforderungen der erwähnten externen Standards.

Die Führungskräfte eines Unternehmens, insbesondere die Produkt- und Kostenstellenverantwortlichen planen und entscheiden jedoch Mengen, Leistungen und Preise und erstellen mittels Inputfaktoren wie Arbeitszeit, Material oder Energie neue Produkte und Dienstleistungen. Die Unternehmensleitung erwartet, dass die Führungskräfte die Verantwortung für die Kosten ihres Bereichs übernehmen. Dazu ist sicherzustellen, dass ein verursachungsgerechter Bezug der Kosten zu den erstellten und verkauften Einheiten besteht.

Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung

Diesen Bezug zu Mengen, Verbräuchen und Werten herzustellen, gelingt nur in der Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrechnung (KLEER). In ihr wird kalkuliert, wieviel die verbrauchten Mengen und Leistungen pro Produkt- oder Dienstleistungseinheit gekostet haben oder kosten sollen.  Es geht darum, Plan, Soll und Ist der hergestellten und verkauften Einheiten für Managemententscheidungen zu berechnen, also Accounting for Management zu betreiben.  Weil sowohl die Kosten- als auch die Erlösseite einbezogen werden, hat sich der Begriff Management Accounting durchgesetzt.

Die nachstehende Abbildung zeigt, dass in den verschiedenen Hilfsbuchhaltungen und in der verdichtenden Hauptbuchhaltung die Periodenbetrachtung für das Unternehmen im Vordergrund steht. Im rechten Management Accounting-Teil ist hingegen die Auftrags- oder Stückbetrachtung massgeblich. Manager aller Ebenen wollen wissen, wieviel die Herstellung einer Produkt- oder Dienstleistungseinheit in ihrem Führungsbereich gekostet hat. Damit das Periodenergebnis berechnet werden kann, muss zudem bekannt sein, um wieviel sich die Lagerbestandsmengen von Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten pro Artikel verändert haben. Für diese Bewertung ist die Kalkulation pro Produkteinheit Voraussetzung.

Management Accounting kommt vor Buchhaltung
Management Accounting kommt vor Buchhaltung

In der buchhaltungsbasierten Vollkostenstruktur der Ergebnisrechnung werden von den Nettoerlösen sowohl stück- als auch periodenbezogene Kosten abgezogen, um zum Gross Profit zu gelangen. Beispiel:

ollkostenrechnung mit unterschiedlichen Mengenollkostenrechnung mit unterschiedlichen Mengen
Vollkostenrechnung mit unterschiedlichen Mengen

Im Monat 1 wurden 100 Stück hergestellt und verkauft. Das ergab unter Berücksichtigung der Kostenstellenkosten von Produktion, Lager und Einkauf volle Herstellkosten von 500. In Monat 2 wurden 120 Stück bei gleichem Materialeinstandspreis von 2.00 pro Stück hergestellt und verkauft. Gemäss Buchhaltung blieben die Personalkosten bei 300 (die bestehenden Mitarbeitenden hatte genug Kapazität für die Mehrproduktion). Dadurch sanken die vollen Herstellkosten pro Stück von 5.00 auf 4.50.

Fragen:

    • Ist der Lagerzugang der Fertigprodukte jeden Monat zu einem anderen Wertansatz (5.00 oder 4.50?) zu buchen (auch bekannt als gleitender Durchschnitt)?
    • Wenn ja, ändert sich jeden Monat der Gross Profit pro Stück, weil die Kapazitätsauslastung anders ist. Welches ist der richtige Wertansatz für die Planung und Steuerung des Verkaufs?
    • Die unterschiedlichen vollen Herstellkosten pro Stück sind die Folge der Auslastung der Produktionskostenstellen. Die personelle und maschinelle Ausstattung der Fertigungskostenstellen wird durch die Produktions- und durch die Geschäftsleitung bestimmt, nicht durch den Verkauf.

Es ergibt sich, dass die buchhaltungsbasierte Ergebnisermittlung mit dem Ausweis des Gross Profit, also nach Abzug der vollen Herstellkosten, nicht entscheidungsrelevant ist. Denn je nach Auslastung werden andere Perioden-  und Stückergebnisse präsentiert. Grundlage für die Ermittlung von Periodenergebnissen und damit für die Planung und Steuerung des finanziellen Erfolgs muss ein Management Accounting-System sein, welches die Informationsbedürfnisse der Führungskräfte in den Vordergrund stellt. Auswertungen der Finanzbuchhaltung können diese Informationen nicht bieten, weil dort nur Beträge verbucht, aber keine Bezüge zu Mengen- und Zeitverbräuchen geschaffen werden, welche die Manager selbst direkt beeinflussen können.

Entscheidungsrelevanz der Zahlen geht vor

Die Plan- und die Nachkalkulation sind Kernfunktionen des Management Accountings. Die kalkulierten Werte werden nicht nur zur Lagerbestandsbewertung verwendet, sondern vor allem den Nettoerlösen der aus den Verkäufen gegenübergestellt. Das erfordert, dass die Stücklistenpositionen der hergestellten Produkte mit geplanten Materialeinstandspreisen bewertet werden und Arbeitsplanpositionen mit den Plankostensätzen der Kostenstellen. Die Spaltung der Kostenstellenkosten in ihren proportionalen Anteil (durch die Produkte getrieben) und ihren fixen Teil (durch die Dimensionen der Kostenstellen getrieben) ist eine zentrale Voraussetzung dafür.

Controller oder Management Accountants müssen deshalb ihr System so aufbauen, dass schon in der Plankalkulation zwischen proportionalen, direkt durch die hergestellten Produkte verursachten Kosten und fixen Kosten, welche hauptsächlich die Folge von Managemententscheidungen sind, unterschieden werden kann. Denn dem Nettoerlös aus einem Verkauf an einen Kunden sind zuerst diejenigen Kosten gegenüberzustellen, die diesem Auftrag verursachungsgerecht zugeordnet werden können. Die Zurechnung fixer Kosten zu einem Produkt oder einem Kunden kann mangels direktem Ursache-/Wirkungszusammenhang nur  durch die Anwendung von mehrheitlich willkürlich gewählten Umlageschlüsseln erfolgen.  Verursachungsgerecht können nur kleine Anteile der Marketing- und Vertriebskosten sowie der übrigen baren Kosten einem einzelnen Produkt oder Kunden zugerechnet werden.

Daraus ist zu schliessen, dass intern im Accounting for Management die Rechnungslegungsregeln wie IFRS oder USGAAP nicht anzuwenden sind. Sie führen zu Fehlentscheidungen.

Beispiel: Ein Produkt mit einem hohen Anteil an Material- oder Fremdleistungskosten muss einen höheren Anteil der Fixkosten des Einkaufs und der Lagerkostenstellen tragen, und zwar auch dann, wenn seine Beschaffung unkompliziert ist und mit einem Telefongespräch oder einem Mail erledigt werden kann. Dadurch steigen die vollen Herstellkosten dieses Produkts, was zur Folge hat, dass die Zuschläge für Marketing- und Vertriebskosten sowie für übrige bare Kosten und Abschreibungen ebenfalls steigen. Denn solche Zuschläge werden ausgehend von den vollen Herstellkosten berechnet. Das Produkt sieht dann nicht mehr besonders förderungswürdig aus, weil es durch Zuschläge «kaputt gerechnet» wird.

Fazit: Das Management Accounting-System ist dazu da, alle Führungskräfte eines Unternehmens so bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, dass sie insgesamt eine Verbesserung des Unternehmensergebnisses erzielen können. Die Fixkostenumlage hilft bei diesem Optimierungsprozess nicht weiter. Nach heutigem Wissensstand empfiehlt es sich, das Management Accounting als Grenzplankostenrechnung, kombiniert mit der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung aufzubauen.

Interessant ist, dass das Institute for Management Accounting IMA in den USA immer noch die «Vollkostenstruktur der Ergebnisrechnung» schult und propagiert. Beim IMA liegt der Fokus immer noch auf der externen Berichterstattung, nicht auf der Entscheidungsfindung durch die Führungskräfte. Diese entscheidungsfremden Vorgaben haben einige ehemalige Mitarbeitende des IMA deshalb dazu geführt, das Profitability Analytics Center of Excellence PACE aufzubauen. Auf ihrer Homepage finden sich Praxisbeispiele und fachliche Abhandlungen, wie das Management Accounting vermehrt seinem Auftrag nachkommen kann, den Führungspersonen Wege zur Ergebnisverbesserung aufzuzeigen (sh. Profitability Analytics Center of Excellence (profitability-analytics.org). Einige Praxisbeispiele haben wir im Blog Management Accounting Einstieg ins Management Accounting › Controlling entscheidungsgerecht (czsg.com) übersetzt.

Für die Umsetzung der empfohlenen Systeme lesen Sie bitte folgende Beiträge in diesem Blog:

 

Lagerbestandsbewertung intern zu proportionalen Standardherstellkosten

Für interne Entscheidungen sind die proportionalen Standardherstellkosten relevant, nicht die extern berichteten Bewertungen.

Lagerbestandsbewertung intern zu proportionalen Standardherstellkosten

Entscheidungs- und verantwortungsgerechtes Management Accounting erfordert, dass Abweichungen gegenüber Plan dort berichtet werden, wo sie entstanden sind. Denn dort sind zuerst Korrekturmassnahmen umzusetzen, soll das Zielergebnis trotz Abweichungen erreicht werden (vgl. den Beitrag «Führungskreislauf»). Das gelingt, wenn sämtliche Lagerein- und -ausgänge zu proportionalen Plan-Herstellkosten bewertet werden und wenn die Kostenstellenleistungen jeweils nur zum proportionalen Plankostensatz weitergegeben werden.

Folgende Regeln sind dabei einzuhalten:

    • Alles eingekaufte Material wird während des gesamten Jahres beim Lagereingang zum Planeinstandspreis (gemäss Jahresplanung) bewertet. Die Differenz zwischen Plan-Einstandspreis und dem effektiv bezahlten wird als Einstandspreisabweichung in der Monatsberichterstattung offengelegt und kann so auch in der Finanzbuchhaltung termingerecht ausgewiesen werden. Zuständig ist der Einkauf.
    • Lagerbezüge von Rohmaterial sowie Hilfs- und Betriebsstoffen werden den Aufträgen und den beziehenden Kostenstellen ebenfalls zu Plan-Einstandspreisen belastet. Einstandspreisabweichungen bleiben beim Einkauf.
    • Hergestellte Halb- und Fertigfabrikate werden beim Lagerzugang zu proportionalen Plan-Herstellkosten des jeweiligen Artikels bewertet (Abweichungen bleiben in den Fertigungsaufträgen oder in den ausführenden Kostenstellen). Von dort werden sie in die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung übernommen.
    • Fixkosten sind Periodenkosten und können folglich nicht verursachungsgerecht einer einzelnen hergestellten Einheit zugeordnet werden.
    • Lagerentnahmen von Halbfabrikaten für die Verarbeitung in weiteren Fertigungsstufen werden zu proportionalen Plan-Herstellkosten bewertet, also zum Standard. Denn eventuelle Abweichungen wurden schon in der Vorstufe offen gelegt.
    • Lagerentnahmen für den Verkauf erfolgen ebenfalls zu proportionalen Plan-Herstellkosten der Fertigprodukte (Abweichungen wurden schon in den Stufen Halbfabrikate und Kostenstellenleistungen ausgewiesen). Zudem ist der Verkauf nur selten für Fertigungsabweichungen verantwortlich.

Das durchgängige Weiterreichen der erbrachten Leistungen zu proportionalen Herstellkosten oder zu proportionalen Plankostensätzen der Kostenstellen führt dazu, dass sämtliche Abweichungen vom Plan oder vom Soll dort ausgewiesen werden, wo sie ursprünglich entstanden sind und wo Verbesserungsmassnahmen zu suchen sind. Die jeweiligen Leitungspersonen haben für ihren Bereich immer den Vergleich zwischen den erbrachten Leistungen und den von ihnen zu verantwortenden Kosten zur Verfügung. Abweichungen aus den Vorstufen bleiben dort, weil sie auch in den Vorstufen zu beheben sind. Die Produktions- und Kostenstellenverantwortlichen können so beurteilen, ob sie ihre Plankosten unter Berücksichtigung der real erbrachten Leistungen eingehalten haben. Denn sie sind für die von ihnen direkt beeinflussbaren Kosten verantwortlich.

Beim Jahreswechsel sind die Plan-Einstandspreise und die proportionalen Plankosten des Folgejahres anzusetzen, weil sich in den Kostenstellen die Prozesse und damit die Fertigungskosten ändern können und andere Einkaufspreise vorzusehen sind. Das erfordert zwar eine (weitgehend automatisierbare) Umbewertung der Lagerbestände zu Jahresbeginn, doch entstehen dadurch auch im Folgejahr die richtigen Zahlen, um entscheidungsrelevante Soll-Ist-Vergleiche präsentieren zu können.

Accounting for Management heisst, allen Führungskräften die Systeme und Daten so zu liefern, dass sie in ihrem verantworteten Führungsbereich und für das Unternehmen als Ganzes zielorientiert planen und steuern können. Im Vordergrund stehen immer die entscheidungsrelevante interne Berichterstattung und die erfolgreiche Führung der einzelnen Unternehmensbereiche.

Und die externe Berichterstattung?

Der hier verfolgte entscheidungs- und verantwortungsbezogene Approach entspricht oft nicht den Bewertungsregeln von Rechnungslegungsstandards wie IFRS, USGAAP oder nationalen steuerrechtlichen Vorgaben. Diese Regeln verlangen meistens die Präsentation der Ergebnisse in Form einer Vollkostenrechnung und eine aussenorientierte Bewertung der Bestände.

Die rechtlich verbindlichen Vorschriften haben wir zusammengetragen und ihre Auswirkungen auf die Gestaltung des betrieblichen Rechnungswesens analysiert. Insbesondere wollten wir wissen, ob die gesetzlichen Vorschriften oder Rechnungslegungsstandards den Aufbau eines kompromisslos auf Entscheidungsfindung und interne Verantwortungsnahme ausgerichteten Management Accounting-Systems verbieten oder verhindern.

Diese Analyse haben wir mehrmals überarbeitet und aktualisiert. Den  Stand von 2019 können Sie mit nachstehendem Link herunterladen: Lukas Rieder, Markus Berger-Vogel: «Umlagen: Eine oder keine?».

Die zentrale Erkenntnis aus der Analyse nehmen wir vorweg:

Es gibt keine gesetzlichen Rechnungslegungsvorschriften oder internationalen Berichterstattungsstandards, welche den in diesem Blog empfohlenen Aufbau des entscheidungs- und verantwortungsgerechten Management Accounting-Systems verbieten oder in anderer Form vorschreiben.

Im Management Accounting wird vom einzelnen Artikel, von den Prozessen und von Kostenstellen und den darin tätigen Personen ausgegangen. Diese Elemente gilt es im Einzelnen zu planen und zu steuern, soll ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich bleiben. Auswertungen sind meistens Verdichtungen auf höhere Betrachtungsebenen, welche den Blick auf die steuerungsrelevanten Details verwehren.

Mit Bezug auf die Bewertung der Lagerbestände und damit der Feststellung des extern berichteten Jahresergebnisses macht es Sinn, sämtliche Lagerein- und -ausgänge immer zu proportionalen Plan-Herstellkosten zu bewerten. Es ist einfach, in einer Nebenrechnung die Bestandsbewertungen den Rechnungslegungsregeln anzupassen, um externe Berichte zu generieren. Der finanzielle Erfolg wird jedoch am Markt und intern generiert, nicht durch die externe Berichterstattung.

Management Accounting zum Entscheiden

Worüber Manager entscheiden und die Folgen für das Management Accounting.

Management Accounting zum Entscheiden

Manager entscheiden über einzusetzende Personen, Verfahren, Kapazitäten, den Marktauftritt und die zu erzielenden Resultate. In ihrem jeweiligen Führungsbereich sind sie für die Resultate verantwortlich.

Management Accounting zum Entscheiden bedeutet, dass jede Führungskraft für ihren Verantwortungsbereich erkennen kann, welches die direkten finanziellen Folgen ihrer Entscheide sein werden und welche Umsetzungsergebnisse erzielt wurden.

Worüber entscheiden Manager?

Die Kunden entscheiden, ob sie einen Auftrag erteilen. Bei Auftragserteilung werden Produkt, Liefermenge, Preis, Konditionen und Termine festgehalten. Daraus ergeben sich Umsatz und Nettoerlös des Auftrags. Auf Basis der Stücklisten und Arbeitspläne sowie der Plan -Einstandspreise können die proportionalen Plan-Herstellkosten des Auftrags berechnet werden. Die Differenz zwischen Nettoerlös und proportionalen Kosten ist der Deckungsbeitrag I des Auftrags.

Management Accounting zum Entscheiden
Worüber entscheiden Manager?

Damit der Auftrag überhaupt ausgeführt werden kann, müssen die Manager für die Betriebs- oder Leistungsbereitschaft des Unternehmens sorgen. Die Anlagen müssen betriebsbereit sein, das Personal verfügbar und einsatzbereit, die technischen und prozessualen Voraussetzungen gegeben sein.

Für die Leistungsbereitschaft des Unternehmens und die daraus entstehenden Kosten sind die Manager verantwortlich. Sie entscheiden, welches Personal, welche Anlagen und welche internen Services bereitstehen müssen, damit überhaupt produziert und verkauft werden kann.

Entscheidungsrelevantes Management Accounting

Sollen Manager entscheiden und ihre Resultate verantworten können, sind im Management Accounting drei Dimensionen von Kosten und Erlösen gleichzeitig abzubilden:

Proportionale und fixe Kosten

Proportionale Kosten sind ursächlich nötig, um eine Produkt- oder Dienstleistungseinheit herzustellen.  Die Herstellung einer Produkt- oder Dienstleistungseinheit verbraucht Material und Fremdleistungen gemäss Stückliste und Kostenstellenleistungen gemäss Arbeitsplan. Nur diese Verbräuche gehen direkt in die Produkte ein. Die Bewertung dieser Verbräuche mit den Plan-Einstandspreisen und den proportionalen Plankostensätzen der Kostenstellen ergibt die proportionalen Plan-Herstellkosten.

Fixe Kosten sind durch die Kapazität und die Struktur der Organisation gegeben. Das gilt auch für den grössten Teil der Abschreibungen, weil die meisten Anlagen schneller technologisch überholt sind als sie genutzt werden könnten. Fixkosten sind das Komplement zu den proportionalen Kosten:

Gesamtkosten – proportionale Kosten = Fixkosten.

Direkte Beeinflussbarkeit der Kosten im Zeitablauf

Wer in seinem Bereich die Kosten verändern will, muss wissen, in welchem Zeitraum diese Kosten beeinflussbar sind. Mitarbeitende im Stundenlohn haben meistens eine kürzere Kündigungsfrist als Festangestellte.  Auch Verträge mit Lieferanten können über kürzere oder längere Zeiträume geschlossen werden. Die Grundlagen für die Abschreibung von Anlagegütern ändern sich erst dann, wenn das Anlagengut ersetzt oder ausser Dienst gestellt wird. Sowohl proportionale als auch fixe Kosten können unterschiedliche Zeiträume für ihre Beeinflussung aufweisen.

Erfassung aller Kosten auf der der untersten eindeutigen Zuordnungsebene

Sämtliche Kosten- und Erlösbelege sind auf die niedrigste kompetente und damit verantwortliche Hierarchiestufe zu kontieren (Kunden-, Fertigungs- oder Forschungsauftrag oder Kostenstelle). Dort ist auch die direkte Kostenbeeinflussbarkeit gegeben. Das beschleunigt und vereinfacht den Führungsprozess (Delegationsprinzip).

Kostenwuerfel
3 Kosten- und Erlösdimensionen

Vgl. Controller-Wörterbuch, S. 146

Nur die proportionalen Kosten können den hergestellten und verkauften Produkten oder Services verursachungsgerecht zugeordnet werden.

Fixe Kosten entstehen für die Leistungsbereitschaft der Organisation. Sie werden immer einer Kostenstelle zugeordnet, da sie durch den Manager der Kostenstelle zu verantworten sind. Deshalb lassen sich fixe Kosten nicht verursachungsgerecht einer einzelnen hergestellten oder verkauften Einheit zurechnen.

Hauptzweck des Management Accountings ist die Planung und Steuerung von Erlösen und Kosten durch die jeweils direkt verantwortlichen Führungskräfte. Diese Personen müssen wissen, welche Einflussgrössen sie eigenverantwortlich steuern können. Vorgaben aus Steuerrecht und Rechnungslegungsstandards (USGAAP, IFRS) sind im Management Accounting nicht relevant, weil die Unternehmenssteuerung im Vordergrund steht, nicht die Berichterstattung.

Diese Management Accounting-Systematik setzen wir seit vielen Jahren mit Hilfe der Grenzplankostenrechnung GPK und der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung in Produktions- Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie in ausgewählten öffentlichen Verwaltungen um. Unsere Absicht ist, allen Managern für ihren Bereich entscheidungsrelevante Information zu liefern, damit sie für ihre Ergebnisse die Verantwortung übernehmen können.

 

Soll-Ist-Vergleich

Sollkosten = Plankosten der Istleistung einer Kostenstelle

Soll-Ist-Vergleich

Mit dem Soll-Ist-Vergleich sollten Kostenstellenleitende monatlich prüfen können, ob sie ihre Kosten «im Griff» haben. Denn wird die Jahresplanung durch die Geschäftsleitung genehmigt, führt dies zur Freigabe der Kostenstellenbudgets. Diese gilt es einzuhalten. Unterjährig können sich jedoch verschiedene Faktoren gegenüber dem Plan ändern:

    • Verkaufs- und Herstellmengen entwickeln sich anders als geplant,
    • Einstandspreise ändern sich,
    • Herstellprozesse laufen mal besser, mal weniger gut,
    • Mitarbeitende fallen aus und müssen durch andere ersetzt werden.

Sollkostenrechnung

Der Vergleich zwischen Plankosten und belasteten Istkosten der Betrachtungsperiode hilft Kostenstellenleitenden bei der Suche nach möglichen Korrekturmassnahmen nicht weiter, weil ihnen der Bezug zur real in der Betrachtungsperiode erbrachten Leistung fehlt. Als Vergleichsmassstab sind die Sollkosten zu berechnen:

Sollkosten = Istleistung mal proportionaler Plankostensatz + Planfixkosten

Soll-Ist-Vergleich
Sollkostenrechnung

Die Sollkosten sind die Plankosten der effektiv in einer Periode erbrachten Leistung. Der englische Begriff dafür heisst «flexible budget», was den Sachverhalt genau ausdrückt. Weicht die in der Betrachtungsperiode erbrachte Leistung von der Planleistung ab, verändern sich die proportionalen Kosten der Kostenstelle, jedoch nicht die geplanten Fixkosten. Im Beispiel ist die Istbeschäftigung etwas kleiner als die Planbeschäftigung. Deshalb sinken die proportionalen Plankosten gegenüber dem Jahresplan, die geplanten Leistungsbereitschaftskosten bleiben jedoch gleich. Die Sollkosten sind somit der verursachungsgerechte Massstab zur Beurteilung der real entstandenen Gesamtkosten der Kostenstelle. Halten die Kostenstellenverantwortlichen ihre Sollkosten ein, haben sie ihr Kostenziel erreicht. Entstehen negative Abweichungen zu den Sollkosten, sind Wege zu suchen, um in den folgenden Monaten kumuliert wieder die Sollkosten zu erreichen.

Erbringen Kostenstellen Leistungen, welche nicht direkt durch einen Fertigungs- oder Kundenauftrag oder durch interne Projekte (z.B. Forschung und Entwicklung) verursacht werden, haben sie auch keine Plan- und keine Istbeschäftigung und in der Folge nur Fixkosten. In diesen Fällen entsprechen die Sollkosten den Plankosten.

Wird jedoch die Leistung der abgebenden Kostenstelle durch direkte Bestellung der empfangenden Kostenstelle oder durch ihre Leistungsmenge verursacht, handelt es sich um echte Innerbetriebliche Leistungsverrechnung. Die abgebende Kostenstelle hat als Folge ihre eigene Planbeschäftigung und die von ihr erbrachten Leistungen für andere Kostenstellen sind zu messen. (Beispiele sind Reparatur- und Instandhaltungswerkstätten-, Labor- und Energiekostenstellen). Die jeweilige Kostenstelle hat also auch einen proportionalen Plan-Kostensatz und ihre Sollkosten sind von der in der Periode erbrachten Leistung für andere abhängig.

Werden die Leistungen einer Kostenstelle für das gesamte Unternehmen erbracht, besteht kein direkter Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen Leistungsersteller und Nutzern des Outputs. Deshalb können die Kosten solcher Kostenstellen nicht verursachungsgerecht an andere Kostenstellen verrechnet werden (z.B. Empfang, Personaladministration, interne Weiterbildung, Verkauf, Produktionsplanung, Finanzen, der grösste Teil der IT-Kosten und Top Management). Die IT-Kosten für das ERP- oder für das Management Accounting-System entstehen für alle Kostenstellenleitenden, welche ERP-Daten nutzen. Die Kosten allgemein genutzter Services können nicht verursachungsgerecht an die Nutzer verrechnet werden (Zwangskonsum). Wegen dieses mangelnden Verursachungszusammenhangs macht die Umlage fixer Kosten an nachgelagerte Kostenstellen auch keinen Sinn. In anderen Worten: Wird auf die Umlage fixer Kosten an andere Kostenstellen verzichtet, können alle Kostenstellenleitenden die Verantwortung für ihre Sollkosten übernehmen.

Istkosten

Die einer Kostenstelle für einen Berichtszeitraum (üblich ist ein Monat) zu belastenden Kosten werden in verschiedenen Teilsystemen erfasst:

    • Fremdrechnungen von Lieferanten: Erfassung des Rechnungseingangs in der Kreditorenbuchhaltung mit Angabe der verbrauchenden Kostenstelle.
    • Bezüge von Hilfs- und Betriebsmaterial vom Lager: Erfassung mittels Materialbezugsscheinen durch Multiplikation der bezogenen Menge, bewertet mit dem Planeinstandspreis des Hilfs- oder Betriebsmaterials. Der Planeinstandspreis wird zur Bewertung herangezogen, damit die Einstandspreisabweichungen beim Einkauf ausgewiesen werden können, da dieser die Bestellungen auslöst.
    • Personalkosten: Belastung der Präsenzstunden des Monats der Mitarbeitenden der Kostenstelle, jeweils mit ihrem Planpräsenzstundensatz bewertet (Datenquelle Personalkostenplanung).
    • Innerbetriebliche Verrechnung von Leistungen anderer Kostenstellen: In der Berichtsperiode bezogene Einheiten (meistens Stunden, kWh, km) bewertet mit dem proportionalen Plankostensatz der abgebenden Kostenstelle. Dadurch werden weder die Fixkosten der abgebenden Kostenstelle noch die dort entstandenen Abweichungen weiterverrechnet.

Insgesamt: Die Fixkosten und die Einstandspreisabweichungen verbleiben in den abgebenden Kostenstellen, da sie nur dort erfasst und verantwortet werden können. In den empfangenden Kostenstellen entstehen so Soll-/Istvergleiche ohne Einrechnung von Preis- oder Kostensatzänderungen vorgelagerter Bereiche. Die resultierenden Abweichungen kann der jeweilige Kostenstellenleiter selbst verantworten.

Soll-Ist-Vergleich

Der führungsorientierte Nutzen des Soll-Ist-Vergleichs besteht darin, dass Kostenstellenleitende jeden Monat erkennen können, wie gut ihnen die Planumsetzung unter Berücksichtigung der real abgewickelten Aufträge gelungen ist. Das finanzielle Ziel einer Kostenstelle besteht darin, die kumulierten Sollkosten des Jahres einzuhalten. Werden die Soll- und die Istkosten wie oben beschrieben ermittelt, kann schnell nach Korrekturmassnahmen gesucht werden. Diese sollen die kumulierten Verbrauchsabweichungen in den nächsten Perioden wieder möglichst unter null bringen.

Theoretisch könnte ein Soll-Ist-Vergleich «realtime», also täglich erstellt werden. Weil die realen Personalkosten und weitere Kostenarten jeweils erst nach dem Monatsende berechnet werden können, empfiehlt sich die Erstellung monatlicher Vergleiche pro Kostenstelle.

Nachstehendes Beispiel zeigt die monatlichen Soll-Ist-Vergleiche der Kostenstelle Stanzerei:

Soll-Ist-Vergleich
Soll-Ist-Vergleich

Um die Auswertung nicht zu überladen, werden nur die Kostentotale präsentiert. Im Monat Juli hat die Ringbuch AG Betriebsferien. Deshalb ist dort keine Leistung aufgeführt, doch fallen Teile der Fixkosten, insbesondere die Abschreibungen auch in diesem Monat an. Die Sollkosten sind nach der Formel «Istleistung mal proportionaler Plankostensatz + Planfixkosten» berechnet, die Istkosten gemäss den realen Belastungen. In der Gesamtjahresbetrachtung wurden die Sollkosten um 6’164 unterschritten. Das bedeutet gegenüber Plan eine Produktivitätssteigerung und damit eine EBIT-Erhöhung.

Der Soll-Ist-Vergleich wurde mit Excel-Power Pivot aufgebaut. In Power Pivot ist eine relationale Datenbank enthalten, welche mehrdimensionale Auswertungen ermöglicht. Dadurch können unterschiedlichste Berichte (Zeitachsen, Kostenstellen, Kostenarten, Leistungen) erstellt und mit Grafiken ergänzt werden. Sobald die Datenbank die letzten Monatsdaten enthält, können die Auswertungen automatisch erstellt werden. Der Soll-Ist-Vergleich kann den Kostenstellenleitenden dadurch schneller übermittelt werden.

Investitionsrechnung dynamisch

Investitionen sind Geldausgaben zur Beschaffung eines Leistungspotenzials, welches während seiner Nutzung höhere Geldrückflüsse oder verminderte Ausgaben erzielen sollen.

Investitionsrechnung dynamisch

Grundprinzip einer Investition: Es wird heute Geld ausgegeben, um in Zukunft mehr Geldrückflüsse oder weniger Geldabflüsse zu haben. Unternehmen, NGO’s, NPO’s und Privatpersonen müssen immer wieder entscheiden, ob sie ihr zur Verfügung stehendes Geld in Unternehmen, Anlagen oder Prozessverbesserungen investieren sollen. Ein Investitionsentscheid setzt eine Planungsrechnung voraus, welche zeigen soll, ob die vorgesehenen Geldabflüsse und Geldzuflüsse während der erwarteten Nutzungszeit der Investition eine marktgerechte Verzinsung erzielen können.

Einfaches Beispiel 1: Vergabe des Umgebungsunterhalts an eine externe Organisation. Folge dieser Entscheidung sind:  Zusätzliche Geldausgaben für das Unterhaltsabonnement und wegfallende Geldausgaben = entfallende Personalkosten für den bisher eigenen Gärtner.

Komplexeres Beispiel 2: Herstellung und Verkauf einer neuen Produktgruppe durch ein bestehendes Unternehmen.

Im Beispiel 1 ist es aus finanziellen Gesichtspunkten ausreichend, den Saldo aus den erwarteten Zahlungen für das Unterhaltsabonnement mit den Personalkosten für die bisher intern geleistete Arbeit zu vergleichen.

Im Beispiel 2 soll mit einer neu einzuführenden Produktgruppe zusätzlicher Umsatz und damit auch zusätzlicher Deckungsbeitrag erzielt werden (Geldrückflüsse). Dazu sind Initialinvestitionen ins Anlagevermögen notwendig, durch die Umsatzausweitung werden die Forderungs- und die Lagerbestände ansteigen und in einzelnen Funktionsbereichen wird mehr Personal erforderlich sein. Diese Aktionen werden zu zusätzlichen Geldabflüssen führen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sowohl Nettoerlöse als auch Geldabflüsse dem Lebenszyklus dieser neuen Produktgruppe unterworfen sein werden, also in den Planjahren des Investitionsprojekts zu sich ändernden Netto-Geldflüssen führen werden.

Für beide Fälle sind für die anstehende Entscheidung Geldflussbetrachtungen zu erstellen. Für das komplexere Beispiel der Einführung einer neuen Produktgruppe sind diese Betrachtungen für einen Mehrjahreshorizont zu erstellen, weil die Zu- und Abflüsse von Geld in unterschiedlichen Jahren erfolgen können. Nach unserer Erfahrung eignet sich dazu folgende Struktur:

Investitionsrechnung dynamisch
Geldzu- und Abflüsse eines Investitionsprojekts (ausschliesslich Planwerte)

Diese Struktur kann allgemeingültig für Investitionsrechnungen verwendet werden, da sie alle Elemente von Geldzu- und -abflüssen enthält. Bezüglich Beispiel 1 wären die Geldabflüsse die Zahlungen für das Unterhaltsabonnement, die Geldzuflüsse die eingesparten baren Personalkosten für den bisherigen Mitarbeiter. Die Einführung einer neuen Produktgruppe (Beispiel 2) erfordert die Eingabe aller in der Tabelle aufgeführten Positionen, weil sich dieses Investitionsvorhaben sowohl auf die Ergebnisrechnung als auch auf die Bilanz auswirkt.

Deshalb empfiehlt es sich, die Investitionsrechnung so zu erstellen, dass die jährlich zu erwartenden Geldflüsse erkennbar sind und für jedes Jahr abgezinst werden können. Im Beispiel zur Produkteinführung sind diese Geldflüsse wie folgt geplant:

Investitionsrechenmodell
Investitionsrechenmodell
    • Das Jahr 0 ist der Beginn der Umsetzung des Entscheids, die Hauptinvestition von 50 Mio. ist dann zu bezahlen (Zeile 11).
    • In Jahr 1 fallen weitere Zahlungen für Einführungsarbeiten von 1.0 Mio. an, zudem verursacht die Erhöhung des Personalbestands in der Fertigungsleitung jährlich Zusatzausgaben von 0.4 Mio. (Zeile 4).
    • Weiteres zusätzliches Personal ist in den Bereichen Einkauf und Lager sowie Marketing / Verkauf/ Vertrieb notwendig. Die Ausdehnung des Geschäftsvolumens wird ab Jahr 3 auch eine zusätzliche Person in der Verwaltung erfordern (Zeilen 5-7)).
    • Die zusätzlichen baren Fixkosten dieses Projekts sind in Zeile 8) zu erkennen.
    • In Zeile 9 ist der Nettonutzen des Investitionsprojekts aufgeführt (Geldzufluss).
    • Zeilen 10 + 11 zeigen den Einfluss des Projekts auf das investierte Vermögen und auf die kurzfristigen Schulden im Verlauf der Jahre.
    • Am Ende des Projekts (hier Jahr 5) werden die aufgebauten Forderungs- und Lagerbestände wieder aufgelöst. Eventuell kann auch ein Liquidationserlös für die nicht mehr genutzte Anlage erzielt werden (Zeilen 10, 12 + 13).,
    • Der Jahressaldo der Geldflüsse ergibt sich in Zeile 14.
    • Das Beispiel endet aus Platzgründen am Ende des Jahres 5, kann jedoch nach Bedarf für mehr Jahre erweitert werden.

Addiert man die nominalen Geldrückflüsse in Zeile 14, ist zu erkennen, dass die Investitionen im Laufe des Jahres 3 komplett zurückbezahlt sein werden (Payback-Dauer).

Der Zeitwert von Geld

Wer Geld zur Verfügung stellt, sei es das Unternehmen selbst oder ein Investor, erwartet für diese Leistung eine Vergütung in Form eines Zinses. Entspricht beispielsweise ein Jahreszins von 10% den aktuellen Geldmarktbedingungen, muss ein Unternehmen am Ende eines Jahres für einen Kredit von 1’000 einen Zins von 100 bezahlen. Soll der Geldgeber das Geld für mehrere Jahre zur Verfügung stellen (Beispiel 2), wird er sich die Frage stellen, ob er seine Investition mit Zins und Zinseszins vergütet erhalten wird. Er will demzufolge zum Entscheidungszeitpunkt wissen, welches (aus seiner Sicht) der Barwert der Investition über die gesamte Laufzeit des Kredits sein wird und ob diese Rendite einem Vergleich mit anderen möglichen Investitionen standhält.

Investoren fragen sich also: Wieviel ist eine Zahlung heute wert, welche ich erst in der Zukunft erhalten werde? Setzen sie, wie im Beispiel, eine Zielverzinsung von 10% jährlich an, ergibt sich:

10% Zins für 1’000 Investitionssume = 100 p.a.

Dieser Betrag ist am Jahresende zu bezahlen. Also ist der Wert der Zinszahlung am Jahresanfang, resp. zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Investition 90,9091 ((100 : (1+Zinssatz 10%) = 90,91).

Fällt der Zins von 100 erst am Ende des Jahres 2 an, sind die 90.91 nochmals durch den Zinssatz dividiert werden (90,91 : (1+Zinssatz)) = 0,826). In der Zinseszinsrechnung wird die Formel, 1 : Zinssatz ^Anzahl Jahre verwendet. Es resultieren die Barwertfaktoren, welche in Zeile 15 für den Satz von 10% ausgewiesen werden. Die entsprechenden Barwerte der Planjahre ergeben sich in Zeile 16. In Zeile 17 ist zu erkennen, dass die kumulierten Barwerte erst zu Beginn des Jahres 4 ausreichen werden, das Total der Investitionen und Devestitionen (Zeilen 10 und 11) mit 10% zu verzinsen.

Insgesamt sollten gemäss Plan die kumulierten Barwerte im Beispiel 2 bis Ende des Jahres 5 um 30,298 Mio. höher ausfallen als die Investitionen in den Jahren 0 und 1. Beim Aufbau des Beispiels wurde davon ausgegangen, dass die Lebenskurve der Produktgruppe in den Jahren 1-2 ihre Aufbau- und Wachstumsphase durchlaufen wird, in den Jahren 3 und 4 an die Sättigungsgrenze stossen wird und dass im Jahr 5 die Ausstiegsphase beginnt. Die Investitionsrechnung wird durch die Barwertbetrachtung dynamisch.

Dieses Excel-Modell für die Quantifizierung von Investitionsprojekten lässt sich hier herunterladen, den eigenen Bedürfnissen anpassen und um weitere Projektjahre ergänzen. Es eignet sich insbesondere für die Quantifizierung von Strategien. Mit der Excel-Formel «IKV, Interne Kapitalverzinsung» kann auch der Interne Zinsfuss (Ertragssatz) des Projekts berechnet werden (sh. die 16,9% rechts in Zeile 18). Dabei ist zu beachten, dass in dieser Formel angenommen wird, dass die Geldrückflüsse ebenfalls zu diesem Prozentsatz wieder angelegt werden können.

Marktgerechte Verzinsung

Zwecks einfacherer Nachvollziehbarkeit wurde im Beispiel eine Verzinsung von 10% angenommen. Die marktgerechte Verzinsung, also die Verzinsung im Vergleich zu Investitionen in andere Unternehmen mit gleichem Risiko kann durch Vergleich mit der Rentabilität des Gesamtmarkts ermittelt werden.

Wie der marktgerechte Gewinn für ein bestimmtes Unternehmen oder eben eine geplante Investition unter Berücksichtigung der Finanzierungsstruktur und des Marktrisikos einer Branche ermittelt werden kann, wird im Beitrag «Marktgerechter Gewinn» sowie im Detail im Buch «360°-Management» im Anhang B erläutert. Dort ist auch festzustellen, dass die oben angenommenen 10% der Marktrealität in Deutschland gut entsprechen.

Fallstricke bei der Anwendung der dynamischen Investitionsrechnung

    • Abschreibungen, ob buchhalterisch oder kalkulatorisch, haben in einer Investitionsrechnung nichts zu suchen. Denn durch die Berücksichtigung der Investitionsbeträge ist in der Investitionsrechnung der Geldabfluss schon berücksichtigt.
    • Ebenso wenig sind steuerliche Konsequenzen von Investitionen einzurechnen, da der zu erzielende Rentabilitätssatz sich auf den Gewinn vor Abzug von Zinsen und Steuern bezieht.
    • Auch einsparbare Steuerbetreffnisse sind nicht entscheidungsrelevant. Denn die Steuern werden vom ausgewiesenen Gewinn nach Fremdzinsen berechnet. Letzterer kann sich auch negativ entwickeln, wenn ein Investitionsprojekt gut läuft, die Marktsituation aber zu Umsatzeinbrüchen und damit zu weniger Jahresgewinn führt.

 

Plastic Film Extrusion

Resource Consumption Accounting RCA liefert entscheidungsrelevante Daten (Flexible Plankostenrechnung).

Plastic Film Extrusion

Dieses mittelgrosse Unternehmen stellt extrudierte Kunststoffe zu 70% für die Gesundheitspflege und zu 30% für den Hygienemarkt her.  Es produziert 200 Produkte in 60 Produktfamilien und verwendet dazu 10 Extrusionslinien, eine Verarbeitungslinie mit zwei Schneideanlagen, einer Perforiermaschine und einer Aufwickelmaschine sowie 5 Support-Abteilungen – Versand, Materialwirtschaft, Qualität, Wartung und Verwaltung.

Vollkostenrechnung führt zu Fehlentscheidungen

Das Unternehmen verwendete eine herkömmliche Standard-Vollkostenrechnung sowohl für die (externe) Finanzberichterstattung als auch für Entscheidungsrechnungen im Management. Es hatte mit zwei Problemen zu kämpfen: 

    • Schwankungen der Produktkosten in Abhängigkeit von Volumen und Produktmix
    • Produkte, die auf neuen, schnelleren, arbeits- und energieeffizienten Maschinen hergestellt wurden, kosteten laut Kalkulation mehr als Produkte, die auf älteren Anlagen hergestellt wurden.

Das erste Problem führte zu Planungsschwierigkeiten bei den Mitarbeitern des Unternehmens, und das zweiteProblem frustrierte die Betriebsleitung und das allgemeine Management, da die neuen Maschinen nicht voll ausgelastet waren.

Diese Probleme hatten schwerwiegende Folgen, vor allem für den Vertrieb.  Das erste Problem führte dazu, dass der Vertrieb nicht wusste, auf welche Produkte er sich konzentrieren sollte, um die Gewinnspannen des Unternehmens zu verbessern.   Das zweite Problem führte dazu, dass die Vertriebsmitarbeiter den Kunden Preiszugeständnisse machten, wenn sie sicher sein konnten, dass der Auftrag auf der älteren Produktionslinie ausgeführt werden würde, da die Verkaufsprovisionen auf der Bruttomarge basierten.  Es war allen klar, nur nicht dem Kostenrechnungssystem, dass diese Praxis zu sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten führte.

Die Ursachen der Probleme:

    • die zu stark vereinfachte Zurechnung grosser Gemeinkostenpools mit Umlageschlüsseln und ohne Berücksichtigung des Verursachungsprinzips auf die Produkte
    • die Verwendung bilanzieller Restwerte aus dem Jahresabschluss für die Belastung der Produkte mit Abschreibungen (die alte Ausrüstung war vollständig abgeschrieben, die neuen Anlagen wurden mit den steuerlich zulässigen Abschreibungen belastet, was in den ersten Jahren sehr hohe Beträge ergab);
    • das Versäumnis, fixe und proportionale Kosten für die Entscheidungsfindung korrekt zu ermitteln und anzuwenden
    • das Versäumnis, die Überkapazitätskosten den (vollen) Produktkosten zuzuordnen.

Nutzen des Resource Consumption Accountings RCA

Durch die Anwendung der verursachungsgerechten flexiblen Plankostenrechnung (Resource Consumption Accounting RCA) anstelle der Mindestanforderungen der allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze und der vorgeschriebenen Finanzberichterstattung wurde die Entscheidungsunterstützung für die Manager massiv verbessert. Das neue System führte zu:

    • Kalkulation der proportionalen Plan-Herstellkosten und dadurch Kenntnis des Produkt-Deckungsbeitrags zu Plan und zu Istwerten. Dies ermöglichte es dem Verkauf und dem Marketing, sich besser auf die deckungsbeitragsstarken Produkte zu fokussieren, was wiederum die Rentabilität verbesserte.  
    • Durch die Berechnung der Verkäuferprovisionen auf Basis der erzielten Deckungsbeiträge war die Wahl der Maschine (alt und abgeschrieben oder neu und grosse Investition) nicht mehr relevant für die Provisionsberechnung. Das führte zu höheren absoluten Deckungsbeiträgen und verbesserter Gesamtrentabilität.
    • Die Anwendung der dynamischen Investitionsrechnung mit proportionalen Plankosten und geplanten Fixkostenveränderungen führte zu tauglichen Entscheidungsgrundlagen und zeigte, welche Investitionen für die langfristige Entwicklung für die langfristige Entwicklung die bedeutendsten waren.
    • Verbesserung der werksweiten Kommunikation und des Engagements für Qualitäts- und Finanzziele.

Diese Fallstudie wurde vom Profitability Analytics Center of Excellence PACE veröffentlicht. Den englischen Originaltext finden Sie hier: Case Studies | Profitability Analytics Center of Excellence (profitability-analytics.org)

Reifegrad des eigenen Management Accountings

Stellen Sie fest, welchen Level Ihre Kosten-, Leistungs-,Erlös- und Ergebnisrechnung schon erreicht hat. Sind schon entscheidungsrelevante Simulationen möglich?

Reifegrad des eigenen Management Accountings

Gary Cokins aus North Carolina USA hat das “Costing Levels Continuum Maturity Framework 2.0” entwickelt. Die Version 2.0 wurde 2013 von der International Federation of Accountants IFAC geprüft und als Leitfaden für gute Praxis in der Kostenrechnung publiziert (IFAC-Evaluating-the-Costing-Journey_0.pdf).

Dieses Framework soll einerseits  Rechnungswesenspezialisten helfen, den Entwicklungsstand des eigenen betrieblichen Rechnungswesens zu beurteilen. Wie weit ist die Systematik  geeignet, den Fürungskräften entscheidungsrelevante und verantwortungsgerechte Daten zu liefern?

Das Framework kann Organisationen auch helfen, den Ausbaugrad ihres Management Accounting-Systems  den organisatorischen Anforderungen und dem Entscheidungsbedarf ihrer Führungskräfte anzupassen.

12 Reifegrad-Stufen  des eigenen Management Accountings

Cokins gliedert das Costing Levels Continuum Maturity Model in 12 Reifegradstufen (Levels) die von der einfachen Buchhaltungsauswertung bis zum umfassenden Simulationsmodell reichen:

    • Die Stufen 1-8 decken die Systematiken von der finanziellen Buchführung über die Betriebsbuchhaltung, die leistungsbezogene Vollkostenrechnung (auch Standard-Vollkostenrechnung genannt), die Kostenverteilung mittels Activity Based Costing ABC, die Gegenüberstellung von Erlösen und Kosten pro Kunde bis zur Quantifizierung ungenutzter Kapazitäten ab.
    • Die Stufen 9 und 10 setzen Plan-/Soll-/Ist-Vergleiche voraus und versuchen, die Fixkosten nach Aktivitäten den Produkten und Kunden zuzuordnen.
    • Stufe 11 erfordert die Umsetzung des Resource Consumption Accountings RCA. Dieses entspricht fast vollständig der Grenzplankostenrechnung nach Plaut, der Flexiblen Plankostenrechnung nach Kilger und der stufenweisen und mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung, wie sie in diesem Blog beschrieben werden.
    • Stufe 12 wird erreicht, wenn auf Basis von Stufe 11-Daten Simulationen von der Produkt- und von der Kundenebene bis zum Gesamtunternehmen möglich sind.
  • Reifegrad des eigenen Management Accountings
    Reifegrad des eigenen Management Accountings

Beschreibung der 12 Levels

    • Level 1 ist pure Finanzbuchhaltung (Hauptbuch, Lohnabrechnung, Einkauf)
    • Level 2 kontiert die Aufwendungen auch auf Kostenstellen
    • Level 3 bucht das Einzelmaterial und die Arbeitskosten pro Produktgruppe (Umlage aller Personalkosten)
    • Level 4 legt die Kosten der Servicebereiche mittels Umlageschlüssel auf die direkt an den Produkten arbeitenden Kostenstellen um (entspricht dem Betriebsabrechnungsbogen (BAB)
    • Level 5 betrachtet erstmals einzelne hergestellte Einheiten. Dazu ist eine Verbindung mit Stücklisten und Arbeitsplänen (ERP) erforderlich. Die Herstellmengen werden aus historischen Daten generiert. In ausgebauten Versionen werden die Kosten auch pro Fertigungsauftrag oder pro Projekt erfasst.
    • Level 6 versucht, mittels Activity Based Costing ABC fixe Kosten auf Basis geschätzter oder gemessener Verbräuche einzelnen Produkten zuzurechnen (entspricht immer noch einer nicht verursachungsgerechten Fixkostenumlage)
    • Level 7 bezieht erstmals Umsätze und Nettoerlöse ein. Es wird versucht, die Kosten für Marketing, Verkauf und Verkaufsförderung sowie der gesamten Administration und des Managements mittels Umlageschlüsseln auf Kunden und Produkte zu verrechnen. Diese Umlagen werden in der Periodenrechnung pro Kunde oder Produkt ausgewiesen, jedoch nicht in die Bestandswerte eingerechnet.
    • Level 8 berechnet die Kosten nicht genutzter Kapazitäten (Personal, Maschinen, IT, übrige Anlagen) der Kostenstellen und versucht, diese den Kunden und Absatzkanälen zuzurechnen.
    • Ab Level 9 wird, zur Unterstützung der Entscheidungsfindung und damit der Planung, mit Plan- und Istwerten für Erlöse und Kosten gearbeitet. Damit rückt die Spaltung der Kosten in ihren proportionalen und fixen Anteil in den Vordergrund. Zudem wird in der Planung vom Bedarf der bestehenden und der potenziellen Kunden ausgegangen anstatt nur von den vorhandenen Personen und Anlagen.
    • Level 10 verwendet nur noch aus der zielorientierten Planung abgeleitete Vorgabemengen und -zeiten zur Kalkulation der Produkte. Diese bilden die Standards. Die fixen Kosten werden aber weiterhin auf Produkte und Kunden verrechnet.
    • Level 11 bringt die umfassende Anwendung des Verursachungsprinzips wie es in diesem Blog beschrieben wird und in der Grenzplankostenrechnung GPK, resp. der Flexiblen Plankostenrechnung im deutschen Sprachraum schon lange angewendet wird. In den USA ist diese Systematik als Resource Consumption Accounting RCA bekannt. Mit diesen von der Methodik her weitgehend übereinstimmenden Systemen wird die Sollkostenrechnung eingeführt (wie viel hätte die effektive erbrachte Leistung kosten sollen, wenn sie genau gemäss Plan erstellt worden wäre?).
    • Level 12 wird erreicht, wenn basierend auf Level 11 (GPK oder RCA) sowie auf den ERP- und CRM-Daten Simulationen «gefahren» werden können. Simulationen sollen dazu führen, dass auf Basis eines aktuellen Bestellbestands und der Management Accounting-Daten ergebnisoptimale Programme ermittelt und realisiert werden können.

Entwicklungshintergrund und Zweck des Continuums

Das Costing Continuum Model wurde aus dem Wissen über die Anwendung verschiedener Kostenrechnungssysteme im englischen Sprachraum, insbesondere in den USA, entwickelt. Indirekt ist das Modell eine Folge des berühmten Buchs von Robert Kaplan und Thomas Johnson mit dem Titel «Relevance lost. The rise and Fall of Management Accounting (Harvard Business School Press, 1987)». Dort wurde auch bemängelt, dass in den meisten Kostenrechnungsabteilungen die Erfüllung der Berichterstattungsstandards (US GAAP / IFRS) im Vordergrund stehe, für die Entscheidungsunterstützung der Manager aber kaum taugliche Systeme in Anwendung seien. Ab 2004 wurde erkannt, dass die Grenzplankostenrechnung und die Flexible Plankostenrechnung diese Bedürfnisse weitgehend abdecken kann. Das führte in den USA zum Resource Consumption Accounting RCA (Level 11).

Im deutschsprachigen Raum haben die Softwareentwicklungen der Plaut-Gruppe und der SAP sowie vieler anderer Softwareanbieter dazu geführt, dass heute viele Unternehmen in ihrem Management Accounting den Level 11 erreicht haben. Nach unserer praktischen Erfahrung hat aber die Erfüllung der Rechnungslegungsstandards sowie der gesetzlichen Rechnungslegungs- und Verrechnungspreisvorschriften immer noch den Vorrang vor der Entscheidungsunterstützung für die Führungskräfte aller Ebenen und Funktionen.

Das Continuum soll den Controllern und den Fachleuten in den Finanzbereichen zu beurteilen helfen, inwieweit die von ihnen installierten Systeme und Prozesse relevante Information für die Entscheidungsfindung durch die Führungskräfte liefern. Das gilt sowohl für die operative als auch für die strategische Führung.

Anwendung des Reifegradmodells

Für Organisationen, die über eine entscheidungsorientiert ausgebaute Flexible Plankostenrechnung oder eine Grenzplankostenrechnung verfügen, also auf Level 11 sind, wird der Level 12 zur Herausforderung. Denn um Simulationen rechnen zu können, ist zuerst der Zugriff auf die ERP-Daten, auf die Absatz-/Umsatzplanung und auf das Management Accounting erforderlich. Die Mengen und Leistungen müssen als Plan- und Istwerte pro Artikelnummer und Kunde verfügbar sein, damit jederzeit fragegerechte Aggregationen möglich sind. In den Kostenstellen muss die Sollkostenrechnung eingerichtet sein, damit die Istkosten mit den Plankosten der Istleistung (Sollkosten) verglichen werden können. Es zeichnet sich ab, dass auch bei der Anwendung von Applikationen der künstlichen Intelligenz immer von den Basisdaten ausgegangen wird.

Im Simulationsmodell zum Buch «Management-Control-System» können Simulationen durch Veränderung von Preisen, Erlösschmälerungen, Mengen, Leistungen und Werten durchgeführt werden. Das Simulationsmodell berechnet die Konsequenzen von Änderungen der Basis-Inputgrössen bis zur internen Ergebnisrechnung und zur internen Bilanz auf. Das ist keine künstliche Intelligenz, doch können die Entscheidenden die Konsequenzen jeder Änderung schrittweise verfolgen.