Aktualisiert am 02-08-24 durch Lukas Rieder Dr. oec.
KLEER für Dienstleistungs- und Transportunternehmen
Dienstleister allgemein
Die einzelne Dienstleistung, meistens von Mitarbeitenden erstellt, steht im Vordergrund. Es gilt vor allem, die leistungsabhängigen Kostenstellenkosten verursachungsgerecht den Kundenaufträgen zuzuordnen. Dazu ist es oft erforderlich, dass die Mitarbeitenden täglich ihre Arbeitszeiten pro Auftrag erfassen. Ausgehend von der Leistungserfassung werden diese Zeiten mit dem geplanten Personalkostensatz pro Stunde der leistenden Kostenstelle multipliziert und direkt dem Kundenauftrag belastet. Diese Vorgehensweise ist die Voraussetzung zur Ermittlung des Deckungsbeitrags I eines Kundenauftrags sowie der mit einer Dienstleistungsgruppe erzielten Deckungsbeiträge.
Nur wenn zur Erbringung der Leistung für die Kunden Material von Zulieferern verbraucht wird, erfolgen Materialbezüge vom Lager, welche dem Kundenauftrag zu Einstandspreisen zu belasten sind. Das trifft vor allem bei Werkstätten und Handwerksbetrieben aller Art zu (z.B. Automobilgaragen, Heizungsinstallateure, Klempner, Schneider). Die Kosten der Warenwirtschaft für Einkauf und Bestandsführung lassen sich nicht verursachungsgerecht dem einzelnen Kundenauftrag zuordnen.
Werden für die Abwicklung des eigenen Auftrags Services anderer Anbieter für die Ausführung des Kundenauftrags beschafft, handelt es sich um auftragsspezifische Fremdleistungen (z.B. Softwarelizenzen, Designentwürfe, Gutachten, Transportleistungen, Labortests). Diese Fremdleistungsrechnungen werden in der Kreditorenbuchhaltung erfasst und direkt dem Kundenauftrag zugeordnet. Die auftragsspezifische Kontierung von Fremdrechnungen auf Kundenaufträge ist zur Ermittlung des Auftrags-Deckungsbeitrags erforderlich.
Wie im Industriebetrieb gilt es auch bei Dienstleistern, den Beitrag zur Fixkostendeckung (den DB I) zu erhöhen. Hauptorientierung ist dabei der Kundenauftrag, selten ein einzelner Artikel. Dazu ist in der Kostenstellenplanung die Spaltung in proportionale und fixe Kosten erforderlich. Die Kosten der nicht direkt auftragsbezogen gearbeiteten Stunden sind Leistungsbereitschaftskosten (fix), welche den Kundenaufträgen nicht verursachungsgerecht zugeordnet werden können und folglich mit Deckungsbeiträgen zu decken sind.
Werden in Dienstleistungsunternehmen neue Produkte entwickelt, welche anschliessend während mehreren Jahren den Kunden zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden, ist aus betrieblicher Sicht zu überlegen, ob die dafür entstandenen Projektkosten aktiviert, also zum Anlagevermögen hinzugefügt und in den Folgejahren abgeschrieben werden sollen. Diese Überlegungen sind vor allem beim Aufbau von Anwendungsprogrammen (verkäufliche Software) und von Beratungsmodulen anzustellen, sollen die die Entwicklungskosten durch die Deckungsbeiträge der nachfolgenden Nutzungsjahre gedeckt werden. In der Finanzbuchhaltung wird vielleicht versucht, den Gesamtaufwand für ein derartiges Projekt im Entstehungsjahr abzuschreiben und so kurzfristig Steuern zu sparen.
Transportunternehmen
In Fluggesellschaften, Eisenbahnunternehmen, öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) sowie bei Direkttransporten vom Lieferanten zu den Empfängern fallen hauptsächlich folgende Kostenarten ins Gewicht:
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- Personalkosten
- Treibstoff- und Energieverbrauch
- Unterhalt der Transportmittel
- Distanz- oder zeitabhängige kalkulatorische Abschreibungen.
Nur bei Direkttransporten für einen einzelnen Auftraggeber vom Abfahrts- zum Ankunftsort ist es möglich, die proportionalen Kosten und damit den Deckungsbeitrag I eines Transportauftrags verursachungsgerecht zu ermitteln. Der zeitliche Einsatz der Fahrer und Begleiter sowie die gefahrenen Kilometer lassen sich messen und bewerten, was es ermöglicht, die proportionalen Kosten und den Deckungsbeitrag I des Transports zu ermitteln.
Im Flug-, Schiffs-, Bahn- oder Busverkehr werden die Transportmöglichkeiten üblicherweise nach Fahr- oder Flugplan angeboten. Die proportionalen Kosten entstehen, wenn das Transportangebot ausgeführt wird. Ob die Plätze im Zug, Flug oder ÖPNV gut oder mässig ausgelastet sind, hat anteilsmässig wenig Einfluss auf die proportionalen Kosten, da der Personaleinsatz weitgehend gleichbleibt und sich auch der Energieverbrauch nur unwesentlich ändert.
Bei mehr oder weniger gleichbleibenden proportionalen Kosten der hergestellten Einheit (ein Flug oder ein Zug) lässt sich jedoch der Nettoerlös ohne massgebliche Zusatzkosten durch höhere Auslastung der verfügbaren Sitzplätze oder Transportflächen steigern. In Zügen, die fahrplanmässig zwischen 0900 und 1130 und zwischen 1400 und 1630 Uhr verkehren, sind oft grosse Anteile der Sitzplätze unbelegt. Das haben insbesondere amerikanische Fluggesellschaften und Eisenbahngesellschaften in Europa erkannt und bewerben deshalb terminlich eingeschränkte Angebote zu günstigeren als den üblichen Preisen (vgl. die realen Beispiele in «Kundenrentabilität, Verkäuferproduktivität, S. 76». Diese Vorgehensweise wird Revenue Management genannt. Durch die günstigeren Verkaufspreise kann einerseits das absolute Deckungsbeitragsvolumen erhöht werden, andererseits reduzieren sie die Kapazitätsengpässe in gut ausgelasteten Flügen oder Zügen.
Wie in Produktionsunternehmen sollten auch Dienstleistungsbetriebe die proportionalen Kosten ihrer Services kennen. Denn nur so lässt sich ermitteln, welche Angebote wie viel zur Deckung der Fixkosten und des Gewinns beitragen.