Activity Based Costing

Mit Activity Based Costing werden Fixkosten der Produktion, des Vertriebs und der Verwaltung einzelnen Produkten zugerechnet. Wie entscheidungsrelevant ist das?

Aktualisiert am 13-03-24 durch Lukas Rieder Dr. oec.

Activity Based Costing (ABC)

ABC wurde erstmals 1971 von Prof. George Staubus unter dem Titel «Activity Costing and Input-Output Accounting» veröffentlicht. CIMA, das Chartered Institute of Management Accounting, bezeichnete 1988 ABC als eine Kostenrechnungsmethode, welche die Kosten des Ressourcenverbrauchs den finalen Produkten zuordnet. Diese Zuordnung soll mit Hilfe von Verbrauchsschätzungen und Kostentreibern erreicht werden:

Ressourcen –> Kostentreiber –> Kostenobjekte

Zweck dieser Zurechnungen ist die Schätzung oder Ermittlung der vollen Kosten von Produkten, Services und Arbeitsleistungen. Damit ist ABC ein weiterer Versuch, möglichst alle Kosten eines Unternehmens sachgerecht der einzelnen verkauften Einheit zuzuordnen. 1999 war ABC so aktuell, dass Horngren / Bhimani / Foster / Datar dem Thema in Ihrem Buch «Management and Cost Accounting» ein ganzes Kapitel widmeten (S. 344 – 370). Diese Entwicklung wurde auch im deutschen Sprachraum aufgenommen. Peter Horváth erweiterte ABC zur Prozesskostenrechnung (P. Horváth, Controlling, 7. Auflage, 1998, S. 532 ff.). «Die Prozesskostenrechnung ist als eine auf die Gemeinkostenbereiche konzentrierte, an den speziellen «Problemstellungen und Gegebenheiten des deutschen Rechnungswesens ansetzende, aktivitätsorientierte Rechnung zu verstehen (ebenda S. 533)».

In ABC und in der Prozesskostenrechnung werden auch fixe, also nur indirekt durch Herstellmengen verursachte Kosten als auch Fixkosten des Vertriebs und der Verwaltung an andere Kostenstellen und von dort an die Produkte weiterverrechnet (vgl. ebenda, S. 542). Die Absicht ist es, die Rentabilität eines Produkts oder einer Dienstleistung besser beurteilen zu können und eine «faktenbasierte Preisbildung» zu ermöglichen.

Nachstehend wird untersucht, inwiefern ABC und Prozesskostenrechnung zu entscheidungsrelevanteren Kosteninformationen führen können und welche innerbetrieblichen Ansätze zur Bestandsbewertung entscheidungsrelevant sind.

Kostenelemente  im Activity Based Costing

Im Buch «Management and Cost Accounting» werden (S. 345 ff.) drei Richtlinien zur Bestimmung der Aktivitätskosten definiert:

    1. Alle Kosten als Einzelkosten eines Produkts oder einer Kostenstelle kontieren. Ist die direkte Zuordenbarkeit zu einer Kostenstelle nicht gegeben, sind die Kostenbetreffnisse einer höher aggregierenden Kostenstelle zuzuordnen. Das sind im Kostenwürfel die Einzelkosten der jeweils betrachteten Kostenstelle.
    2. Die Kostenstellengliederung so weit verfeinern, dass jedes Kostenelement einer und nur einer Kostenstelle zugeordnet werden kann. Das führt zwar zu einer massiven Zunahme der zu planenden und zu verfolgenden  Kostenstellen, aber auch zu klaren Verantwortlichkeiten der Kostenstellenleiter.
    3. Einen Kostenschlüssel für jede Kostenstelle definieren, welcher eine direkte Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen der Aktivität einer Kostenstelle und ihren Kosten darstellt. Diese Forderung führt zur Umlage fixer Kosten von einer Kostenstelle an eine andere und von dort auf die Produkte. Sie widerspricht somit den Anforderungen an die verursachungsgerechte Kostenspaltung zwischen proportional und fix.

Die Richtlinie 3 widerspricht den Regeln der Grenzplan- und der flexiblen Plankostenrechnung, führt sie doch dazu, dass auch fixe Kosten an hergestellte Artikel und Dienstleistungen verrechnet werden.

ABC ist folglich ebenfalls als Vollkostenrechnung zu verstehen. Pro Kostenstelle wird eine Aktivitätseinheit festgelegt, welche die Beanspruchung der Ressourcen misst. Alle Kosten einer Kostenstelle werden dann durch die Anzahl geleisteter Aktivitätseinheiten dividiert. Der entstehende Kostensatz besteht dadurch aus proportionalen und fixen Kostenanteilen. Das Beispiel für den Lebensmittelgrosshändler Netto AS, übersetzt aus dem Buch «Management and Cost Accounting, S. 350 – 352», belegt dies:

Activity Based Costing
Activity Based Costing bei Netto AS

Da es sich bei Netto AS um einen Handelsbetrieb handelt, welcher selbst an den eingekauften Produkten nichts ändert, ergibt die Differenz zwischen Nettoerlös und proportionalen Herstellkosten der verkauften Produkte den Deckungsbeitrag I.

Für die Zurechnung der Kostenstellenkosten zu den Produktbereichen der Netto AS wurde jedoch die herkömmliche Vollkostenmethode verwendet. Dazu wurden jeweils die gesamten Kosten einer Kostenstelle inklusive Umlagen von zuliefernden Kostenstellen (z.B. Energie, Personaladministration oder Unternehmensleitung) durch die vermeintlich charakteristische Leistungsmenge der Kostenstelle dividiert. Beispielsweise verzeichnete die Kostenstelle «Kundensupport» im Jahr 1999 Gesamtkosten von 10’240 und wickelte damit 51’200 Bestellpositionen ab. Daraus ergibt sich, wiederum unter Einrechnung aller Umlagen von anderen Kostenstellen, ein Fixkostensatz von 0.20 EUR pro Bestellposition. Dieser Satz wird mit den Bestellpositionen eines Produktbereichs multipliziert, was für die Frischprodukte den Betrag von 7’360 ergibt.

Nach Berücksichtigung all dieser Verrechnungen ergibt sich, dass die Frischprodukte «nur» 420 zum EBIT des Jahres 1999 beitrugen. Daraus könnte man schliessen, dass der Frischprodukteverkauf aufgegeben werden kann und die gewonnene Zeit für die besser rentierenden Produktbereiche eingesetzt werden oder das Personal in entsprechendem Ausmass abgebaut werden könnte.

Ein Blick auf die Zeile Deckungsbeiträge offenbart, dass dies wahrscheinlich zu kurz gedacht wäre. Denn die Frischprodukteverkäufe erbringen 20’020 Deckungsbeitrag I, also mehr als die Hälfte des gesamten DB I von 36’400. Die fehlenden 20’020 DB I müssten bei den Fixkosten eingespart werden, was in erster Linie Personalentlassungen bedeuten würde. Das Risiko ist gross, dass in diesem Fall auch qualifiziertes Personal für die Ausführung der Verkaufs- und Belieferungsaktivitäten für die anderen Produktbereiche fehlen würde. Dazu kommt, dass die Lagerflächen zu gross würden und die nicht mehr genutzten Installationen inklusive Computer und Software weiterhin abzuschreiben wären. Die Fixkosten der zentralen Funktionen der Netto AS, z.B. Management, IT oder Personaladministration sind im Zahlenbeispiel schon in die Verkaufsprozesse eingerechnet (Nummern 1-4). Diese würden durch die Aufgabe des Frischproduktesortiments nicht kleiner, da sie für die Leistungsbereitschaft der Netto AS erforderlich sind. Als Konsequenz müssten die anderen Produktbereiche höhere Umlagen tragen, was wiederum ihre Rentabilität schmälern würde.

Diese Überlegungen zeigen, dass mit Activity Based Costing  zwar geschätzte Vollkosten einer Aktivität berechnet werden können, dass diese aber nicht entscheidungsrelevant sein können, wenn mittels Schlüsselgrössen Fixkosten auf Produkt- oder Kundenguppen umgelegt werden. In der Flexiblen Plankostenrechnung werden den Produkteinheiten die proportionalen Kosten verursachungsgerecht zugerechnet. Die Kostenstellenfixkosten werden jedoch als Blöcke in die Deckungsbeitragsrechnung übernommen.

Es ergibt sich, dass die ABC-Idee insoweit zur Systematik der Grenzplankostenrechnung passt, als nur die proportionalen Kosten auf die Produkte verrechnet werden. Die Fixkosten werden jedoch nach wie vor mit nicht verursachungsgerechten Schlüsselgrössen umgelegt. Durch die Anwendung anderer Umlageschlüssel sinken jedoch die Fixkosten nicht.

 

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