Aktualisiert am 02-08-24 durch Lukas Rieder Dr. oec.
Kalkulatorische Abschreibungen
«Die kalkulatorischen Abschreibungen sind kostenmässige Äquivalente für die Entwertung langfristig nutzbarer Betriebsmittel (Wolfgang Kilger, Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 9. verbesserte Auflage, Wiesbaden, 1988, S. 398)».
Kalkulatorische Abschreibungen sollen in der betrieblichen Ergebnisrechnung dazu führen, dass entsprechende Geldbeträge für Ersatzinvestitionen im Geldvermögen «gebunkert» werden, um damit bei Bedarf Ersatzanlagen zu beschaffen und so den Betriebszweck weiterhin erfüllen zu können. Die von W. Kilger erwähnten Entwertungsäquivalente sind aus Sicht des Werterhalts auf Basis der Wiederbeschaffungswerte der Investitionen zu berechnen.
Es ergibt sich, dass kalkulatorische Abschreibungen nicht vom historischen Anschaffungswert langfristig nutzbarer Betriebsmittel berechnet werden sollten, sondern von dem Betrag, der jeweils am Jahresende für gleich leistungsfähige Anlagen zu bezahlen wäre. Aus unserer Sicht ist das Gewinnpotenzial eines Unternehmens erst dann erhalten, wenn die gleich leistungsfähigen Betriebsmittel wieder beschafft werden können. Erst wenn die bestehenden Elemente des Anlagevermögens zu aktuellen Einkaufspreisen wieder beschafft werden können, ist die Substanz erhalten. Nur der Gewinn nach Abzug substanzerhaltender Abschreibungen kann guten Gewissens an die Eigentümer / Aktionäre ausgeschüttet werden.
Die Bewertung zum Wiederbeschaffungswert und die Ableitung der kalkulatorischen Abschreibungen daraus erfordern es, dass jeweils vor dem Jahresabschluss zu klären ist, welche Veränderungen der Einstandspreise für die verschiedenen Teile des Anlagevermögens zu erwarten sind. Gründe für bevorstehende Einstandspreiserhöhungen oder Ausgaben für Aktualisierungen gibt es viele:
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- Inflation in den Beschaffungsmärkten
- Neu einzuhaltende technische oder rechtliche Vorschriften
- Veränderte Sicherheitsvorschriften für den Betrieb der Anlagen (und Gebäude)
- Anpassung von Computerprogrammen, Programmerweiterungen und Releasewechsel
- Wechsel zu einem anderen Maschinenlieferanten, weil der bisherige nicht mehr existiert.
Andererseits können zu ersetzende Anlagen in der Anschaffung preisgünstiger werden, weil physische Anlagenteile durch Elektronik ersetzt werden oder Metall durch Kunststoff.
Sowohl bei zu erwartenden Steigerungen als auch bei Senkungen der Einstandspreise für Anlagen und immaterielle Güter sind die kalkulatorischen Abschreibungen für das Planjahr neu zu berechnen und in der Plankostenrechnung zu berücksichtigen. Denn sie sind im Management Accounting wie die anderen Kosten mitbestimmend für die Gewinnhöhe.
Kalkulatorische Abschreibungen sollten nicht nur für die langfristig nutzbaren Betriebsmittel wie Gebäude, Einrichtungen, Maschinen und Fahrzeuge berechnet werden. Zu den Betriebsmitteln gehören zunehmend auch Rechte und Nutzenpotenziale nicht physischer Art wie ERP- und CRM-Systeme, Nutzungs- und Verkaufsrechte, eingekaufte Kundenadressen, zeitlich beschränkte Nutzungslizenzen. Wenn solche Nutzenpotenziale ihren Wert im Zeitablauf verlieren und zu ihrer Nutzenerhaltung Neuinvestitionen erforderlich werden, sind die entsprechenden geschätzten Beträge im Wiederbeschaffungswert zu berücksichtigen, was wiederum zu höheren kalkulatorischen Abschreibungen führt.
Nachhaltig erfolgreiche Unternehmensführung erfordert den Einbezug der kalkulatorischen Abschreibungen in die Ergebnisrechnung. Dadurch wird verhindert, dass Gelder an die Eigentümer ausgeschüttet werden, welche für die Aufrechterhaltung der Erfolgspotenziale und damit des Fortbestands des Unternehmens nötig sein werden.